MeHR aLs - kapitel 2



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"Ich will dich nie wieder k�ssen!"
Hart und zugleich voller Sehnsucht klingt die Stimme aus dem Radio.
Ich liege b�uchlings auf meiner Klappcouch und starre auf das Foto in meinen H�nden. Es zeigt Michael und mich in Tanzhaltung auf dem Abschlussball der Tanzschule Anfang Dezember.
"Ich will dich nie wieder vermissen!"
Vermissen. Doch. Ich vermisse dich.
"Ich hatte einen Traum, doch der war wohl zu sch�n."
Aus. Aus der Traum von der gro�en Liebe.
"Es tut zwar ganz sch�n weh, aber ich geh."
Ja, es tut weh. Es frisst mich auf.
Ich bin gegangen. Warum? Warum bin ich gegangen?
Das Lied verklingt und ein neues wird eingespielt. Ich lausche auf die sanfte Melodie. Ich kenne den Song. Es ist "If you leave me now" von Chicago. Oft genug habe ich es geh�rt. Es wird immer als Abschlusstanz, eine Rumba, auf der Samstagabend-�bungs-Party der Tanzschule gespielt. Die Erinnerung gibt mir einen Stich. Das Bild vor meinen Augen verschwimmt. Ich werfe es zur Seite und fange hemmungslos an zu schluchzen.

Langsam beruhige ich mich wieder. Ich wische meine Tr�nen mit dem Handr�cken weg, setze mich auf, schalte das Radio aus und nehme mit zitternden H�nden das Foto wieder auf.
Wie lieb Michael darauf l�chelt! Kein Vergleich zu dem eifers�chtigen, ja w�tenden Ausdruck auf seinem Gesicht an einem Samstagmorgen:

"Pferde, immer deine Pferde! Fast jeden Tag bist du im Stall. Du reitest doch nur ein Mal pro Woche. Und was ist mit mir? Oder ...", er holte tief Luft. "Oder ist das nur eine Ausrede, damit du dich mit deinem neuen Freund Julian treffen kannst?"
Ich schaute meinen Freund entgeistert an, unf�hig etwas zu sagen. Ich war wirklich im Stall gewesen. Wie kam er blo� auf die Idee, ich w�rde ihn hintergehen? Okay, Julian ist ja ganz nett. Wir tanzen ab und zu zusammen, auch wenn Michael mein eigentlicher Tanzpartner war. Doch f�r den Bronze-Silber-Kurs, den ich als n�chstes belegen m�chte, brauche ich einen Partner, der auf dem gleichen Ausbildungsstand ist wie ich. Und Michael ist nun mal schon im Besitz der Goldstar-Nadel.
"Denkst du, ich habe nicht gemerkt, wie er um dich rumscharw�nzelt ist. Und du hast ihn noch nicht mal abgewehrt!"
"Wie kommst du dazu, mir so etwas zu sagen", schrie ich aufgebracht. "Ich habe mich nie mit Julian getroffen. Au�erdem habe ich eines der Schulpferde gemietet, muss also jeden Tag in den Stall. Ich trainiere doch f�r die n�chste Turniersaison, ich m�chte da topfit sein."
"Ist das ein Grund, nicht einmal mehr mit mir ins Kino zu gehen?"
"Ich habe dir schon tausend Mal erkl�rt, dass ich an dem Abend einfach zu m�de zum Weggehen war. Acht Stunden Schule und hinterher reiten, da war ich wirklich fertig." "Und das n�chste Mal warst du mit deinen Eltern bei deiner Oma, und, und, und." Michael war nun wirklich w�tend. "Reiten ist doch sowieso nur ein Hobby. Wei�t du was? Meinetwegen kannst du ja mit deinem Julian bei deinen bl�den Pferden versauern ..."
Weiter kam er nicht. Da rieb er sich schon die brennende Wange. Wenn ich etwas nicht leiden kann, dann sind es Beleidigungen gegen�ber Pferden.

"Geschah ihm recht", murmle ich und ziehe mit dem Fingernagel einen Riss quer �ber das Foto. Dann grinse ich. Einen tollen Abgang habe ich ihm da bereitet ...



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