Haltlos


Soll ich ihnen berichten, was aus meinen Gedankeng�ngen nach dem letzten Eintrag geworden ist? Ich sa� sprachlos da, und wollte nur noch denken. Und was habe ich erreicht? Lassen sie mich kurz nach Worten suchen, und es ihnen dann berichten. Grundlage meines befl�gelten Gedankenchaos war mal wieder eine der aussagekr�ftigen Zeilen eines sehr geistreichen Philosophen, der lange schon tot, aber noch l�ngst nicht vergessen war. Fragen sie mich bitte nicht mehr nach dem Namen, denn ich habe ihn bereits vergessen. Aber die Worte surren mir immer noch im Kopf herum, als h�tte ich sie erst eben gelesen. Dort stand n�mlich, in diesem schlauen, ledergebundenen Buch, das mir mein Vater geliehen hatte, folgende Zeile:

Der Mensch gleich einem Seil �ber dem Abgrund. Je schlauer der Mensch, umso d�nner das Seil.

Ist das nicht faszinierend? Habe ich nicht genau das schon einmal gelesen? Bl�ttern sie einmal in meiner Studie zur�ck, und sie werden es finden. Hatte nicht schon einmal jemand gesagt, die Erkenntnis ist gleich dem Untergang? Und nur wer Wei�heit erlangen will, wird erkennen, was Verdammnis hei�t? Fragen sie mich nicht nach dem genauen Wortlaut, aber es ist eine Verdammnis, schlau zu sein, Mensch zu sein und �ber solche Dinge nachzudenken. Und somit hatte doch wieder einer nur bewiesen, dass es eine Schande war, �ber all das nachzudenken und in Frage zu stellen. Doch ich war doch nicht schlau. Ich war doch besonders dumm, da ich keine Antworten wusste, oder wie sollte ich das alles verstehen? War ich nun ein d�nnes oder ein dickes Seil?
Und wie weit war ich noch vom Abgrund entfernt? Oder hin ich schon direkt dar�ber und war kurz davor, zu rei�en und meine Enden in die Schlucht abtauchen zu lassen? So etwas habe ich noch nicht erlebt !
K�nnen sie mir sagen, was das Ziel ist? Wozu h�ngen wir dort? Warten wir nur darauf, das wir durchrei�en? Irgendwann, wenn wir alt und vor allem weise geworden sind. Ein Kind wird als dickes Seil geboren, und je schlauer und �lter wir werden, umso mehr wissen wir uns aneignen, ums d�nner wird das Seil. Es sei denn, es schneidet jemand vorher durch. Und das passiert auch leider allzu oft.
Kommen bei mir nicht auch t�glich irgendwelche M�dchen und schneiden an mir herum? Wenn sie an meinem Arm rei�en, ist dann nicht so, als w�rden sie das Seil zerrei�en wollen? Treiben sie mich nicht wirklich in den Abgrund? Ist das ihr Ziel? Ich kann es nicht verstehen, wie man einem Menschen nur so ein Unheil freiwillig anrichten kann. Wo ich doch immer nur ihr Seil st�rken wollte. Und nun? Nun stehe ich selber am Abgrund und will alle aufkl�ren, will ihnen selber das Seil zerschneiden und sie auf meine Stufe holen.
Und sie verstehen es nicht.
Oh sehen sie doch hin, ich verliere den Halt. Einmal schien es, als w�rde ich endg�ltig in den Abgrund rutschen, oder etwas fing mich auf. Meine Musik fing mich auf. Ich sah einen neuen Stern, einen neuen Halt und zog mich langsam wieder hoch. Doch es hat nicht geholfen, es hat sich nichts ge�ndert. Ich stehe immer noch haltlos da und finde keinen Anfang.
Diesen angeblichen Neuanfang, begann ich vor zwei Jahren, als ich mich das erste mal mit diesem Thema auseinander setzte und meine Aufzeichnungen begann. Doch sehen sie mich an, was ist aus mir geworden? Bin ich wirklich so ein depressiver Mensch, der zu viel nachdenkt und dabei die eigentlichen Sch�nheiten des Lebens �bersieht?
Wie w�re es wirklich, wenn sie jemand anderes fragen w�rden? Es gibt doch so viele Menschen, die alles �ber mich wissen, sie kennen mich auswendig, sie haben mich studiert, jahrelang. Und ich kann immer nur staunen, wie wahr manches doch ist. Und trotzdem lache ich dar�ber, sie kennen mich doch nicht, sie kennen nur ihr Bild von mir. Und ich bin nicht mehr der kleine Junge, der sich ihnen zum definieren gibt. Ich handle so ohne Grund, verdrehe meinen Charakter, nur um sie zu schocken, und um mir selber nicht eingestehen zu m�ssen, dass ich alles wohl doch nicht so gut vertuschen kann. Wer einmal vor den Fans weint, der kann so oft lachen wie er will. Die Tr�nen werden nicht vergessen. Zumindest nicht von allen. Nat�rlich hei�t es dann, ich h�tte einen schlechten Tag gehabt, ich hatte einige Probleme und man h�tte mich lieber in diesem Moment alleine lassen sollen. Aber dennoch trauen sie sich erneut ran, testen aus, wie es mir heute geht und wenn ich l�chle, dann trauen sie sich immer weiter ran. Und mich fragen sie nicht. Sie fragen nicht, warum ich l�chle, vielleicht ist es gar nicht ihretwegen, vielleicht ist es einfach nur, um mir selber einen starken Halt zu geben, um mich zu sichern, um eine Art Schutz um mein Seil zu legen und es vor ihren Scheren zu sch�tzen.
Und es hilft, es gibt mir Halt und es hilft mir dabei, es besser zu �berstehen. So muss ich mich nicht verstellen, ich muss einfach nur lachen. Ein breites Grinsen auf dem Gesicht, egal, wie sehr ich es dadurch verkrampfen muss, und schon sind alle gl�cklich um ich am Ziel. Es gibt mir Halt.
War es immer so? Stand ich immer so haltlos da und griff panisch nach dem rettenden Ende?
Begleiten sie mich auf eine kleine Zeitreise, lassen sie uns zusammen entdecken, was in meiner Vergangenheit liegt und wie es eventuell dazu gekommen ist. Denn eines habe ich auch schon gelernt, man kann den Grund einer Situation nur erfassen, wenn man seine Ursachen kennt. Alles hat eine Geschichte, und so habe ich sie auch.
Einen kleinen Einblick in vergangenes Geschehen und vielleicht werde ich erkennen, was mir damals den Halt gegeben hat, was ihn mir genommen hat und wie ich ihn zur�ckgewinnen kann.
Auf geht�s.



Patrick Kelly

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By Barby K. 1998






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