Verwaltungsgerichtshof
Judenplatz 11
1010 W I E N

Beschwerdeangelegenheit:

Beschwerdef�hrer:

  1. Wahlwerbende Gruppe Wahlvorschlag "Liste Gemeinsam Zajedno / Birlikte Alternative und Gr�ne Gewerkschafterinnen / UG", vertreten durch den Zu stellbevollm�chtigten Mario Lechner, Wellenau 7, 6900 Bregenz und

  2. Aydemir Haydar, t�rkischer Staatsb�rger, Webergasse 28, 6973 H�chst,

  3. Aydemir H�sniye, t�rkischer Staatsb�rger, Webergasse 28, 6973 H�chst,

  4. Demir Sadettin, t�rkischer Staatsb�rger, Unterdorf 361, 6870 Bezau,

  5. Yilmaz Firat, t�rkischer Staatsb�rger, Gmeind 56, 6934 Sulzberg

  6. �zmen Rifat , t�rkischer Staatsb�rger, Bahngasse 27, 6858 Schwarzach

alle vertreten durch

Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt, Wolfeggstra�e 1, 6900 Bregenz

Gem�� � 8 Abs. 1 RAO erfolgt Berufung auf die erteilte Vollmacht

Belangte Beh�rde: Hauptwahlkommission der Arbeiterkammer Vorarlberg

wegen: passives Wahlrecht assoziationsintegrierter t�rkischer Arbeitnehmer zur Arbeiterkammerwahl

B E S C H W E R D E

Bregenz, am 18.02.1999-L�/lechma\vwghb1 3-fach

angef. B.i.F.

7 Beilagen, dreifach

In umseits bezeichneter Beschwerdesache erheben die oben genannten Beschwerdef�hrer gegen den Bescheid der Hauptwahlkommission der Arbeiterkammer Vorarlberg vom 09.02.1999, WB/Ke-ma, zugestellt am 12.02.1999, sohin innert offener Frist, nachstehende

B E S C H W E R D E

an den Verwaltungsgerichtshof.

1 Anfechtungsumfang

Der angefochtene Bescheid wird insoweit angefochten, als die oben genannten Zweit- bis Sechstbeschwerdef�hrer wegen fehlenden passiven Wahlrechts aus dem Wahlvorschlag der Erstbeschwerdef�hrerin gestrichen worden sind.

2 Beschwerdepunkte

Der angefochtene Bescheid verletzt

wobei der angefochtene Bescheid sowohl an Rechtswidrigkeit seines Inhalts als auch an Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften leidet.

3 Sachverhalt

In der 15. Kalenderwoche 1999 (2. Aprilwoche) soll die Wahl zur Arbeiterkammer Vorarlberg stattfinden.

Zu dieser Wahl hat ihre Kandidatur angemeldet u.a. eine wahlwerbende Gruppe "Liste Gemeinsam". Zustellbevollm�chtigter dieser Liste ist Mario Lechner. Die eingereichte Liste umfa�te insgesamt 26 Kandidaten und Kandidatinnen (im folgenden wird nur eine gemeinsame Pluralform verwendet). Sie besteht aus �sterreichern mit �sterreichischen Vorfahren, �sterreichern mit Vorfahren ausl�ndischer Staatsb�rgerschaft, eingeb�rgerten �sterreichern und f�nf t�rkischen Arbeitnehmern, n�mlich den Zweit- bis Sechstbeschwerdef�hrern, die allein die t�rkische Staatsb�rgerschaft besitzen, wobei alle f�nf im Besitz eines Befreiungsscheines nach � 4 c AuslBG, also assoziationsintegriert im Sinne des Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 sind.

Schon im Vorfeld der angegriffenen Entscheidung ist es zu Diskussionen �ber das passive Wahlrecht der Beschwerdef�hrer gekommen. Die Tagespresse hat eingehend dar�ber berichtet, da� Kenner des Gemeinschaftsrechts vom passiven Wahlrecht assoziationsintegrierter t�rkischer Arbeitnehmer zur Arbeiterkammerwahl ausgingen. Aktenkundig ist eine Stellungnahme des Bundeskanzleramts-Verfassungsdienst vom 19. November 1998, GZ 600.058/3-V/4/98, an den Bundesminister f�r Arbeit, Gesundheit und Soziales (im folgenden nur: "Stellungnahme"), nach der EG-B�rger zweifellos passives Wahlrecht genie�en, wenn sie im Kammersprengel als Arbeitnehmer erwerbst�tig sind, und in der der Verfassungsdienst auch kaum ernsthafte Zweifel daran �u�ert, da� diese Rechtsstellung der EG-B�rger auch auf assoziationsintegrierte t�rkische Arbeitnhmer �bertragbar sein d�rfte.

Am 08.02.1999 hat die Hauptwahlkommission der Arbeiterkammer Vorarlberg gegen die einzige Stimme ihres Vorsitzenden entschieden, da� die Zweit- bis Sechstbeschwerdef�hrer vom passiven Wahlrecht zur Arbeiterkammer ausgeschlossen seien, und hat sie vom Wahlvorschlag der Erstbeschwerdef�hrerin gestrichen.

Der Vorsitzende der belangten Beh�rde, Bezirkshauptmann Dr. Bernhard Wiederin, hat das passive Wahlrecht der Beschwerdef�hrer aus dem EG- und Assoziationsrecht abgeleitet, w�hrend der Arbeiterkammerpr�sident den gegenteiligen Standpunkt der politischen Mitglieder der Hauptwahlkommission mit folgender richtungweisender Begr�ndung zusammenfa�t (Vorarlberger Nachrichten vom 9.2.1999):

AK-Pr�sident Josef Fink warnte vor "einer unn�tigen Auseinandersetzung, die den Ausl�ndern schadet". Das "vorgeschobene Argument" der Gr�nen, da� mit der Kandidatur die Integration der Ausl�nder beschleunigt werde, bewirke das Gegenteil. Damit w�rden die Gr�nden "Ausl�nderfindlichkeit provozieren", und Polarisierung schade allen. "Wenn Gef�hle und Haltungen der Einheimischen nicht ber�cksichtigt wwerden, wird die Ausl�nderfeindlichkeit massiv verst�rkt".

Die Entscheidung der Hauptwahlkommission vom 08.02.1999 wurde mit Bescheid vom 09.02.1999 ausgefertigt und dem Zustellbevollm�chtigten der Erstbeschwerdef�hrerin am 12.02.1999 pers�nlich zugestellt. Diese Entscheidung enth�lt zwei Teile, n�mlich die Streichung zweier Kanditaten wegen fehlender Erkl�rung als Wahlwerber, die unbestritten ist und im Folgenden unbek�mpft bleibt.

Dagegen richtet sich die folgende Beschwerde gegen die Streichung der Zweit- bis Sechstbeschwerdef�hrer wegen fehlenden passiven Wahlrechts.

4 Beschwerdegr�nde

4.1 Bescheidqualit�t der Verf�gung vom 09.02.1999

Diese Beschwerde richtet sich gegen die Verf�gung der belangten Beh�rde vom 09.02.1999, die nicht ausdr�cklich als Bescheid bezeichnet ist.

Andererseits ist offenkundig, da� die bek�mpfte Entscheidung normative Wirkung hat. Die Erstbeschwerdef�hrerin verliert durch diese Verf�gung ihr Recht, die gestrichenen Zweit- bis Sechstbeschwerdef�hrer als Kandidaten zu nominieren und damit bestimmte W�hlergruppen anzusprechen - und damit letztlich ihr Wahlergebnis zu optimieren. Die Zweit- bis Sechstbeschwerdef�hrer werden aus dem Wahlvorschlag gestrichen und verlieren durch diese Verf�gung ihr passives Wahlrecht, "endg�ltig", wie der angefochtene Bescheid klar ausspricht.

Die Verf�gung ist vom Vorsitzenden der Hauptwahlkommission ausdr�cklich in deren Namen unterzeichnet. Es wird mit dieser Verf�gung eine Entscheidung der Wahlkommission schriftlich ausgefertigt, und nennt die Verf�gung auch einen klaren Grund f�r die Streichung, n�mlich "fehlendes passives Wahlrecht" der Zweit- bis Sechstbeschwerdef�hrer.

Die bek�mpfte Verf�gung enth�lt auch die Erkl�rung, da� diese Entscheidung "endg�ltig", also im Instanzenweg unanfechtbar sei.

Es kann also kein Zweifel daran bestehen, da� es sich bei der Verf�gung vom 09.02.1999 um einen Bescheid im Sinne des AVG handelt, mit Entscheidungswillen, mit gewollter normativer Wirkung, allerdings ohne die geforderte Begr�ndung..

4.2 Gesonderte Anfechtbarkeit des Bescheids vom 09.02.1999

Schon seit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 06.06.2951, Zahl 874/50, steht fest, da� gegen die Entscheidung des Bundesministeriums f�r (damals) soziale Verwaltung �ber den Einspruch gegen die Feststellung der Ergebnisse der Wahl zur Arbeiterkammer der Rechtsweg zum Verwaltungsgerichtshof offen steht. Diese Recht steht jedem zu, der das aktive Wahlrecht im Kammersprengel besitzt. Daneben steht auch jeder wahlwerbenden Gruppe dieses Recht zu.

Schon nach gesatztem �sterreichischem Recht kann also an der Beschwerdelegitimation der Beschwerdef�hrer kein Zweifel bestehen.

Nach st�ndiger Rechtsprechung des Europ�ischen Gerichtshofs ist auch aus Art. 177 EG-V ein gleichartiger Rechtsanspruch ableitbar. Die Rechtsordnung der Europ�ischen Gemeinschaft gew�hrleistet jedermann, der die Verletzung von Gemeinschaftsrecht geltend macht, einen Rechtsweg zu einem Gericht, weil nur in diesem Fall sichergestellt ist, da� ein Rechtstr�ger seine aus dem Gemeinschaftsrecht abgeleiteten Rechte auch tats�chlich wirksam geltend machen kann.

Auch das umfassende Recht auf Gerichtszugang nach Gemeinschaftsrecht begr�ndet also die - im �brigen ohnehin unstrittige - Beschwerdelegitimation der Beschwerdef�hrer.

Fraglich sein kann nur, ob der Bescheid vom 09.02.1999 gesondert anfechtbar ist oder ob damit so lange zugewartet werden mu�, bis das geschehen ist, das mit dieser Beschwerde vermieden werden soll, n�mlich eine Durchf�hrung einer Arbeiterkammerwahl mit einem gesetzwidrig zusammengesetzten, weil gemeinschaftsrechtswidrig zusammengestrichenen Wahlvorschlag.

� 42 AKG 1992 sieht vor, da� die G�ltigkeit einer Arbeiterkammerwahl innerhalb von 14 Tagen nach Kundmachung des Wahlergebnisses von jeder wahlwerbenden Gruppe beim Bundesminister f�r Arbeit und Soziales angefochten werden kann. Der Anfechtung ist jedenfalls stattzugeben, wenn Bestimmungen des Wahlverfahrens verletzt wurden und hiedurch das Wahlergebnis beeinflu�t werden konnte. Im Falle der Stattgebung der Anfechtung ist die Wahl zur Arbeiterkammer innerhalb von drei Monaten neu auszuschreiben. Der Bundesminister f�r Arbeit und Soziales hat dabei keinerlei Entscheidungs- oder Ermessensspielraum.

Es ist selbstverst�ndlich, da� die Streichung von f�nf Kandidaten, die auf einer Wahlliste kandidieren wollen, in jedem Fall geeignet ist, das Wahlergebnis zu beinflussen.

Keine Regelung des � 42 AKG schlie�t ausdr�cklich aus, da� Entscheidungen der Hauptwahlkommission auch vor der Wahl separat angefochten werden k�nnen.

Im konkreten Fall gibt es auch keinerlei sachlichen Grund, mit der Anfechtung der Entscheidung vom 09.02.1999 bis nach der Wahl zuzuwarten, weil die Streichung der Zweit- bis Sechstbeschwerdef�hrer von der Liste nach den Bekundungen des angefochtenen Bescheids "endg�ltig" und der Einflu� dieser rechtswidrigen Streichung auf das Wahlergebnis selbstverst�ndlich und offensichtlich gegeben ist.

Die gestrichenen Kandidaten k�nnen eine W�hlergruppe repr�sentieren, die sich von den anderen W�hlergruppen grunds�tzlich unterscheidet, n�mlich die Gruppe der vom Assoziationsrecht beg�nstigten oder die in die Integration hineinwachsenden t�rkischen Arbeitnehmer, die etwa 10 % der aktiv Wahlberechtigten (konkrete Zahlen hat die Arbeitsmarktverwaltung bisher nie publiziert) zur Arbeiterkammer ausmachen wird. Das aktive Wahlrecht der t�rkischen Arbeitnehmer ist ja seit Jahrzehnten unbestritten, was die Haltung der Hauptwahlkommission - au�er ihres offenbar dem Recht verpflichteten Vorsitzenden - umso unverst�ndlicher macht.

Es ist offenkundig, da� eine wahlwerbende Liste daran interessiert sein mu�, m�glichst viele unterschiedlich interessierte Personengruppen anzusprechen, um ein m�glichst gro�es W�hlerpotential ansprechen zu k�nnen. Der Einflu� auf das Wahlergebnis ist sohin offenkundig.

Nach st�ndiger Rechtsprechung des Europ�ischen Gerichtshofs ist das Recht der Europ�ischen Gemeinschaft wirksam durchzusetzen. Wirksamkeit bedeutet nach dieser Rechtsprechung sofortige, jedenfalls fr�hestm�gliche Reaktion, schadensvermeidende Reaktion, wenn eine solche noch m�glich ist, und nicht erst eine Anfechtungsm�glichkeit nach geschehenem Rechtsbruch - hier einer rechtswidrigen Wahl.

Es ist offenkundig, da� auch �ffentliche Interessen des sparsamen Umgangs mit �ffentlichen Mitteln dagegen sprechen, zun�chst eine Wahl durchzuf�hren, wenn f�r jedermann offenkundig ist, da� die Wahl wegen flagranten Rechtsbruchs der Hauptwahlkommission zu wiederholen sein wird.

Im Einzelnen wird dazu weiter auf die Ausf�hrungen zur beantragten aufschiebenden Wirkung dieser Beschwerde verwiesen.

Wo die Anrufungsm�glichkeit eines Gerichts besteht, hat dieses Gericht vor Schadenseintritt zu reagieren.

Da die Hauptwahlkommission selbst ihre Entscheidung als endg�ltig erkl�rt, kommt dagegen offenkundig nur die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofs in Betracht.

Im Gegensatz zur M�glichkeit der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofs, die nach Art. 130 Abs. 1 lit. a B-VG gegen jeden letztinstanzlichen Bescheid gew�hrleistet ist und die daher auch im jetzigen Verfahrensabschnitt besteht, m��te f�r die Anrufung des Bundesministers f�r Arbeit und Soziales im Wege eines Einspruchs jedenfalls eine rechtliche Grundlage bestehen, die die Beschwerdef�hrer in der bisherigen Rechtsprechung zum Arbeiterkammerwahlrecht und im gesatzten Arbeiterkammerwahlrecht nicht ausmachen k�nnen.

(Dieser Beurteilung steht auch nicht entgegen, da� die Beschwerdef�hrer aus Gr�nden advokatorischer Vorsicht diese Eingabe mutatis mutandis auch beim Bundesminister f�r Arbeit und Soziales als Einspruch eingereicht haben.)

Zusammenfassend, die Beschwerdef�hrer kommen zum Ergebnis, da� der Bescheid der Hauptwahlkommission vom 09.02.1999 gesondert und bereits zum jetzigen Zeitpunkt beim Verwaltungsgerichtshof anfechtbar ist, weil nach der eigenen Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheids ein Instanzenweg nicht besteht.

4.3 Rechtswidrigkeit der Streichung nach EG- und Assoziationsrecht

Unstreitig ist, da� die Zweit- bis Sechsbeschwerdef�hrer die Voraussetzungen des gesatzten �sterreichischen Rechts f�r das passive Wahlrecht zur Arbeiterkammer nicht erf�llen, weil dieses ausdr�cklich auf die W�hlbarkeit zum Nationalrat abstellt, die allein �sterreichischen Staatsb�rgern gew�hrleistet sein kann.

Zu pr�fen ist im folgenden daher allein, ob Normen des Gemeinschaftsrechts oder des Assoziationsrechts eine eigenst�ndige Grundlage f�r das passive Wahlrecht der Zweit- bis Sechstbeschwerdef�hrer bilden k�nnen.

In diesem Zusammenhang stellt sich damit das Problem der unmittelbaren Anwendbarkeit von EG- und Assoziationsrecht, also die Frage, ob dieses neben �sterreichisches Recht hinzutritt. Ein Problem der Verdr�ngungswirkung stellt sich aus der Sicht der Zweit- bis Sechstbeschwerdef�hrer schon deshalb nicht, weil das gesatzte �sterreichische Wahlrecht zur Arbeiterkammer assoziationintegrierte t�rkische Arbeitnehmer nicht ausdr�cklich ausschlie�t.

V�llig klar ist, da� EG-Wanderarbeitnehmer bei Arbeiterkammerwahlen passiv wahlberechtigt sind. Dies ergibt sich aus der Stellungnahme des Verfassungsdiensts ebenso zweifelsfrei wie aus der dort erw�hnten Korrespondenz zwischen der Republik �sterreich und der Europ�ischen Kommission und aus der f�r alle Mitgliedstaaten verbindlichen Auslegung des Art. 8 der Verordnung 1612/68 (EWG) des Rates in den beiden Urteilen des Europ�ischen Gerichtshofs vom 04. Juli 1991, Rs C-213/90, ASTI und vom 18. Mai 1994, Rs C-118/92, Kommission / Luxemburg ("ASTI II") zweifelsfrei.

Wie offensichtlich das passive Arbeiterkammerwahlrecht f�r EG-Wanderarbeitnehmer garantiert ist, ergibt sich aus dem Verfahren Kommission / Luxemburg, ASTI II, in dem Luxemburg nicht einmal den Versuch einer Rechtfertigung f�r seinen Gemeinschaftsrechtsversto� gemacht, sondern vor dem Europ�ischen Gerichtshof uneingeschr�nkt submittiert hat.

Fraglich ist allein, ob die Urteile ASTI I und ASTI II uneingeschr�nkt auf assoziationsintegrierte t�rkische Arbeitnehmer �bertragbar sind. (Die Frage, ob sie allenfalls auch auf noch nicht assoziationsintegrierte, aber dem regul�ren Arbeitsmarkt angeh�rige t�rkische Arbeitnehmer anwendbar sind, wie dies Feik annimmt, stellt sich angesichts des bei allen Beschwerdef�hrern vorliegenden Befreiungsscheines nach � 4 c AuslBG von vornherein nicht).

Die Stellungnahme des Verfassungsdiensts l��t zwar eine weitgehende Bejahung des passiven Arbeiterkammerwahlrechts t�rkischer Arbeitnehmer erkennen, l��t aber einen Restzweifel offen und stellt eine Vorlage an den Europ�ischen Gerichtshof zur Diskussion.

Nicht behandelt wird in der Stellungnahme des Verfassungsdiensts das Urteil Gaygusuz des Europ�ischen Gerichtshofs f�r Menschenrechte vom 6. September 1996, 36/1995/545/631, das massiv f�r das passive Arbeiterkammerwahlrecht aller beitragspflichtigen Arbeitnehmer spricht.

Nicht erw�hnt wird darin auch Art. 28 der European Convention on the legal status of migrant workers vom 24.11.1977, der das Recht der Wanderarbeitnehmer garantiert, sich gleich wie Staatsb�rger des Arbeitgeberstaats zu organisieren und insofern diskriminierungsfrei behandelt zu werden.

Nicht ber�cksichtigen konnte der Verfassungsdienst sp�tere Rechtsprechung des Europ�ischen Gerichtshofs andererseits, die wohl auch die Restzweifel des Verfassungsdiensts am passiven Wahlrecht der Beschwerdef�hrer (die diese nicht haben) beseitigt h�tte.

Vorerst erscheint es hilfreich, auf die Grundlagen zur�ckzuf�hren.

Die Arbeitnehmerfreiz�gigkeit ist in Art. 48 ff EG-V grundgelegt. Von der Arbeitnehmerfreiz�gigkeit ausgenommen sind allein Personen, die im Kernbereich der �ffentlichen Verwaltung t�tig sind.

Bei Heranziehung der st�ndigen Rechtsprechung des Europ�ischen Gerichtshofs kann nicht der geringste Zweifel daran bestehen, da� Kammerr�te keine hoheitliche Aufgaben im Kernbereich der Verwaltung haben und vor allem nicht nach Art. 48 Abs. 4 EG-V als Besch�ftigte der �ffentlichen Verwaltung anzusehen sind. Daran l��t auch die Stellungnahme des Bundeskanzleramts keinen Zweifel.

Die Durchf�hrung der Arbeitnehmerfreiz�gigkeit ist vorerst einmal in der Verordnung 1612/68 (EWG) des Rates erfolgt. Deren Art. 8 gew�hrleistet einem EG-Wanderarbeitnehmer Anspruch auf gleiche Behandlung hinsichtlich der Zugeh�rigkeit zu Gewerkschaften und der Aus�bung gewerkschaftlicher Rechte, einschlie�lich des Wahlrechts.

In den bereits erw�hnten Urteilen ASTI I und ASTI II hat der EuGH daraus unmi�verst�ndlich das passive Wahlrecht von EG-Wanderarbeitnehmern zu Privatbeamtenkammern abgeleitet. Dabei spielt auch deren Organisationsform keine bestimmende Rolle.

Bis hierher besteht zwischen den Beschwerdef�hrern und dem Verfassungsdienst weitgehender Konsens. Allerdings hat die j�ngere Rechtsprechung des Europ�ischen Gerichtshofs mehrere vom Verfassungsdienst noch als nicht restlos klar angesehene Fragen im Sinne des Rechtsstandpunkts der Beschwerdef�hrer gekl�rt.

So hat der Europ�ische Gerichtshof im Urteilen Birden vom 26.11.1998, Rs. C-1/97, RZ 65 und Akman vom 19.11.1998, Rs. C-210/97 ausdr�cklich ausgesprochen, da� die Vorschriften des Kapitels II Abschnitt 1 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 einen weiteren, durch die Art. 48, 49 und 50 EG-V geleiteten Schritt zur Herstellung der Freiz�gigkeit der Arbeitnehmer t�rkischer Staatsb�rgerschaft darstellten, denn:

Der Gerichtshof hat in st�ndiger Rechtsprechung aus dem Wortlaut des Artikels 12 des Assoziierungsabkommens EWG-T�rkei und des Artikels 36 des Zusatzabkommens, das am 23. November 1970 unterzeichnet, dem Abkommen als Anlage beigef�gt und durch die Verordnung (EWG) Nr. 2760/72 des Rates vom 19. Dezember 1972 (ABl. L 293, S.1) abgeschlossen wurde, sowie aus dem Zweck des Beschlusses Nr. 1/80 hergeleitet, da� die im Rahmen der Artikel 48, 49 und 50 EG-Vertrag geltenden Gerunds�tze soweit wie m�glich auf die t�rkischen Arbeitnehmer, die die im Beschlu� Nr. 1/80 einger�umten Rechte besitzen, �bertragen werden sollen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 06. Juni 1995 in der Rechtssache C-434/93, Bozkurt, Slg. 1995, I-1475, Randnrn. 14, 19 und 20, vom 23. Janurar 1997 in der Rechtssache C-171/95, Tetik, Slg. 1997, I-329, Randnrn. 20 und 28, sowie die Urteile G�naydin, Randnr. 21, und Ertanir, Randnr. 21).

Aus der Bezugnahme auf diese Artikel ergibt sich, da� die Assoziationsfreiz�gigkeit aus der gleichen Quelle sch�pft wie die Freiz�gigkeit von EG-Wanderarbeitnehmern.

Der Verfassungsdienst stellt zudem auf Art. 10 ARB 1/80 ab und tr�gt dazu vor, da� diese Bestimmung ein arbeitsrechtliches Gleichbehandlungsgebot und Diskriminierungsverbot enthalte. Der Wortlaut der Bestimmung sei eindeutig, nicht an Bedingungen gekn�pft und werde auch nicht von der Erlassung weiterer Akte abh�ngen. Vor diesem Hintergrund scheine dem Verfassungsdienst Art. 10 ARB 1/80 unmittelbar anwendbar zu sein.

Tats�chlich vertreten das nicht nur Feik, Betriebsrat ist keine Vereinigung iSd Art. 11 EMRK, DRdA 1996, 415 und Egger, Zur Arbeits- und sozialrechtlichen Stellung t�rkischer Arbeitnehmer, DRdA 1997, 412, sondern ebenso etwa auch Gutmann im Zusammenhang mit Art. 10 ARB 1/80 im gro�en Kommentar zum deutschen Ausl�nderrecht, mit vielen weiteren Hinweisen.

Tats�chlich enth�lt Art. 10 ARB Nr. 1/80 ein Verbot der Diskriminierung hinsichtlich des Arbeitsentgeltes und der sonstigen Arbeitsbedingungen.

Das Bundeskanzleramt verweist in seiner Stellungnahme darauf, da� der Europ�ische Gerichtshof in mehreren Urteilen zu den Kooperationsabkommen mit Algerien und Marokko die unmittelbare Anwendbarkeit ihrer Bestimmungen anerkannt habe, und verweist konkret auf die Urteile Krid vom 05.04.1995, Rs C-103/94, und Babahenini vom 15.01.1998, C-113/97, zu algerien, und Kziber vom 31.01.1991, Rs C-18/90, Yousfi vom 20.04.1994, Rs C-58/93, und Hallouzi vom 03.10.1996, Rs C-126/95 zu Mraokko.

Daraus schlie�t der Verfassungsdienst im Gr��enschlu� auf das Assoziationabkommen EWG-T�rkei, weil Assoziierungsabkommen einen h�heren Integrationsgrad als Kooperationsabkommen bezweckten (sh. dazu auch den unten besprochenen Schlu�antrag von La Pergola im Verfahren S�r�l).

Tats�chlich hat der Europ�ische Gerichtshof f�r Menschenrechte niemals einen Zweifel daran gelassen, da� zahlreiche Bestimmungen des Assoziationsratsbeschlusses 1/80 unmittelbar anwendbar sind, etwa in den Urteilen Sevince, 20.9.1990, Rs. C-192/89, Slg. 1990, I-3461, Kus, 16.12.1992, Rs. C-237/91, Slg. 1992, I-6781, Eroglu, 5.10.1994, Rs. C-355/93, Slg. 1994, I-5113, Bozkurt, 6.6.1995, Rs. C-434/93, Slg. 1995, I-1475, Tetik, 23.1.1997, Rs. C-171/95, Slg. 0000, Ertanir, 30.09.1997, Rs. C 98/96, G�naydin vom 30.9.1997, Rs. C-36/96, Birden vom 26.11.1998, Rs. C-1/97, RZ 65 und Akman vom 19.11.1998, Rs. C-210/97.

In gleicher Weise ist es st�ndige Rechtsprechung des Europ�ischen Gerichtshofs, da� Grundfreiheiten und Grundrechte insbesondere das Diskriminierungsverbot unmittelbar anwendbar sind (vlg. etwa Schuster, EG-Recht und Normenlehre, RZ 100, oder Weh, Vom Stufenbau zur Relativit�t, Das Europarecht in der nationalen Rechtsordnung, Abschnitt 4.1)

Im Fall Sema S�r�l, Rs. C-262/96, hat sich der Europ�ische Gerichtshof zun�chst mit der Frage befa�t, ob der Art. 3 Abs. 1 des ARB Nr. 3/80 unmittelbar anwendbar sei und diesbez�glich Diskriminierungsschutz gew�hrleiste. Nach Schlu� der m�ndlichen Verhandlung hat der Europ�ische Gerichtshof das Verfahren wieder er�ffnet und eine zweite m�ndliche Verhandlung zur Frage abgef�hrt, ob nicht auch Art. 9 des am 12. September 1963 von der Republik T�rkei und den Mitgliedstaaten der Europ�ischen Wirtschaftsgemeinschaft abgeschlossenen Abkommens zur Gr�ndung einer Assoziation zwischen der Europ�ischen Witschaftsgemeinschaft und der T�rkei (im folgenden: "Ankara-Abkommen") ein allgemeines, unmittelbar anwendbares Diskriminierungsverbot garantiere.

In seinem insgesamt beachtenwerten und grunds�tzlichen Schlu�antrag vom 17.12.1998 kommt Generalanwalt La Pergola zum Ergebnis, da� Art. 9 das Ankara-Abkommens ein unmittelbar anwendbares Diskriminierungsverbot vorsehe. Art. 9 weise

alle Merkmale einer Gemeinschaftsvorschrift auf, die vor dem nationalen Gericht geltend gemacht werden kann, und unterscheidet sich insoweit nicht von den entsprechenden Verboten, die in Art. 6 des Vertrages (auf den Art. 9 ausdr�cklich verweist) oder in anderen speziellen Bestimmungen zur Durchf�hrung des allgemeinen Grundsatzes (wie den Art. 48 Abs. 2, 52, 59 und 95) verankert sind.

Zwar habe die Franz�sische Regierung in der m�ndlichen Verhandlung die gegenteilige Auffassung vertreten, da� eine lockere Assoziationsregelung nicht mit Art. 6 des EG-V verglichen werden k�nne, La Pergola tritt diesem Argument allerdings entgegen mit dem Hinweis auf das Urteil Pabst und Richarz vom 29.04.1982 in der Rechtssache 17/91, in der der Gerichtshof die Anwendbarkeit des allgemeinen Diskrimineriungsverbotes aus Art. 53 Abs. 1 des Assoziierungsvertrages EWG-Griechenland vom 09. Juli 1961 abgeleitet habe.

Wie schon der Verfassungsdienst verweist auch der Schlu�antrag von La Pergola auf den Gr��enschlu� zwischen Assoziierungs- und Kooperationsabkommen und die st�ndige Rechtsprechung des Europ�ischen Gerichtshofs zu den Kooperationsabkommen mit Marokko und Algerien, denn:

Assoziierungsabkommen ... schaffen n�mlich engere Bindungen zwischen der Gemeinschaft und dem betroffenen Drittstaat als diejenigen, die sich aus einem Kooperationsabkommen ergeben. ...

Verboten der Diskriminierung aus Gr�nden der Staatsangeh�rigkeit in den Kooperationsabkommen EWG-Marokko (vgl. Art. 41 Absatz 1) und EWG-Algerien (Art. 39 Absatz 1) habe der Europ�ische Gerichtshof bereits mehrfach mittelbare Anwendbarkeit zuerkannt (siehe oben).

Im Verh�ltnis zwischen dem allgemeinen Diskriminierungsverbot des Art. 9 des Ankara-Aabkommens 1963 und spezielleren Diskriminierungsverboten sieht La Pergola den Vorrang der unmittelbaren Anwendbarkeit der letzteren.

Andererseits sind nat�rlich Diskriminierungsverbote, die nur Teilaspekte allgemeinerer Diskriminierungsverbote darstellen, jedenfalls nicht einschr�nkend auszulegen, wie dies der Verfassungsdienst in seiner Stellungnahme zwar nicht ausdr�cklich vorschl�gt, aber auch nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit zur�ckweist. Mit anderen Worten, schon Art. 10 ARB Nr. 1/80 ist nicht einschr�nkend auszulegen, und selbst wenn Art. 10 ARB 1/80 unanwendbar sein sollte, k�me Art. 9 des Ankaraabkommens selbst zum Tragen.

Mit anderen Worten, es besteht jedenfalls ein unmittelbar anwendbares konkretes Diskriminierungsverbot t�rkischer Arbeitnhmer gegen�ber EG-Wanderarbeitnehmern.

Damit steht aber fest, da� die Streichung der Zweit- bis Sechstbeschwerdef�hrer aus dem Wahlvorschlag "Liste Gemeinsam" unmittelbar anwendbares konkretes Recht der Europ�ischen Gemeinschaft verletzt, n�mlich das Diskriminierungsverbot des Art. 10 ARB Nr. 1/80 und des Art. 9 des Ankara-Abkommens iVm Art. 48 - 50 EG-V, Art. 8 der Verordnung 1612/68 (EWG) des Rates, Art. 11 EMRK und Art. 28 der European Convention on the legal status of migrant and workers.

Der angefochtene Bescheid wird daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben sein.

4.4 Verfahrensm�ngel

Vertreter der belangten Beh�rde haben auch �ber mehrfache Urgenz eines begr�ndeten bescheids mehrfach erkl�rt, die belangte Beh�rde m�sse ihren Bescheid vom 09.02.1999 nicht begr�nden.

Es kann in einem Rechtsstaat keine unanfechtbare, nicht begr�ndungspflichtige Entscheidung einer Letztbeh�rde geben. Insofern verkennt der Bescheid vom 09.02.1999 seine Begr�ndungspflicht und das Prinzip der Anfechtbarkeit jedes Bescheids bei einem Gericht (siehe oben).

Wenn eine Beh�rde einen Bescheid �berhaupt nicht begr�ndet, ist nat�rlich nicht nachvollziehbar, welche der oben dargestellten Rechtsgrundlagen sie �bersehen hat.

Der Mangel der Bescheidbegr�ndung mu� daher zur Aufhebung dieses Bescheids f�hren. Anhand der Darstellung der Rechtslage in dieser Eingabe ergibt sich unmittelbar, da� eine Entscheidung unter Ber�cksichtigung aller Rechtsgrundlagen nur zum gegenteiligen Ergebnis, n�mlich zur Bejahung des passiven Wahlrechts assoziationsintegrierte t�rkischer Arbeitnehmer, f�hren kann. Der angefochtene Bescheid wird daher auch wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung der Begr�ndungspflicht aufzuheben sein.

5 Vorlageanregung

Die Beschwerdef�hrer vertreten zwar die Auffassung, da� die ma�geblichen Rechtsfragen klar sind, regen aber vorsichtshalber folgende Vorabanfrage beim Europ�ischen Gerichtshof an:

  1. Haben assoziationsintegrierte t�rkische Arbeitnehmer passives Wahlrecht zur Arbeiterkammer?
  2. Haben t�rkische Arbeitnehmer das passive Wahlrecht zur Arbeiterkammer, wenn sie dem regeul�ren Arbeitsmarkt angeh�ren, aber noch nicht assoziationsintegriert nach Art. 6 Abs. 1 ARG Nr. 1/80 sind?
  3. Bedarf es zur Durchsetzung dieses passiven Wahlrechts gesonderter nationaler Durchf�hrungsnormen oder besteht ein Diskriminierungsverbot, das unmittelbar anwendbar ist?

6 Antr�ge

Die Beschwerdef�hrer stellen sohin die

A N T R � G E,

der Verwaltungsgerichtshof m�ge

  1. eine m�ndliche Verhandlung durchf�hren;
  2. den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben;
  3. dem Bund als Rechtstr�ger der belangten Beh�rde den Ersatz der Kosten des Verfahrens binnen zwei Wochen z.H. des Beschwerdevertreters bei sonstiger Exekution auferlegen. F�r diese Beschwerde werden die tarifm��igen Kosten in H�he von ATS 12.500,-- angesprochen zuz�glich einer allenfalls zu entrichtenden Geb�hr gem�� � 24 Abs. 3 VwGG.

7 Aufschiebende Wirkung

Weiters stellen die Beschwerdef�hrer den

A N T R A G,

der Beschwerde gem�� � 30 Abs. 2 VwGG aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Der angefochtene Bescheid ist einem Vollzug und damit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zug�nglich.

Der Verwaltungsgerichtshof hat einer Beschwerde auf Antrag die aufschiebende Wirkung mit Beschlu� zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende �ffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abw�gung aller ber�hrter Interessen mit dem Vollzug oder mit der Aus�bung der mit Bescheid einger�umten Berechtigung durch einen Dritten f�r die Beschwerdef�hrer ein unverh�ltnism��iger Nachteil verbunden w�re. Diese Voraussetzungen f�r die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung dieser Beschwerde sind hier gegeben, aus folgenden Gr�nden:

Zun�chst ist noch einmal n�her auf die oben nicht abschlie�end behandelte Frage einzugehen, woraus sich ein Rechtsanspruch auf Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof bereits zum jetzigen Zeitpunkt ergibt, nachdem das Arbeiterkammerwahlrecht eine Anrufung des Verwaltungsgerichtshofs vor dem Abschu� des Wahlvorganges weder ausdr�cklich zul��t noch ausdr�cklich ausschlie�t.

Diese Frage wird hier und nicht im Zusammenhang mit der Hauptsachenfrage behandelt, weil sich die Frage der Dringlichkeit und der Schadensvermeidung vornehmlich im Zusammenhang mit der aufschiebenden Wirkung dieser Beschwerde stellt.

Geht man davon aus, da� Art. 130 Abs. 1 lit. a B-VG die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofs gegen jeden Letztbescheid erm�glicht, besteht ein verfassungsgesetzlich gew�hrleisteter Rechtsweg zum Verwaltungsgerichtshof.

Sollte � 42 AKWG der rechtzeitigen Anrufung des Verwaltungsgerichtshofs als Sondergesetz entgegenstehen, dann w�re diese Bestimmung unangewendet zu lassen, denn der Europ�ische Gerichtshof hat bereits im Urteil Factortame I vom 19.6.1990, Rs. C-213/89, Slg. 1990, I-2433, ausgesprochen, da� jede der rechtzeitigen und wirksamen Durchsetzung von Gemeinschaftsrecht entgegenstehende nationale Vorschrift unangewendet bleiben mu�. Der Europ�ische Gerichtshof hat dies wie folgt begr�ndet:

  1. Wie sich aus den Akten, insbesondere aus dem Vorlageurteil und dem vorstehend wiedergegebenen Ablauf des Verfahrens vor den mit dem Rechtsstreit zuvor befa�ten nationalen Gerichten, ergibt, geht die Frage des vorlegenden Gerichts im Kern dahin, ob ein nationales Gericht, das in einem bei ihm anh�ngigen, das Gemeinschaftsrecht betreffenden Rechtsstreit zu der Auffassung gelangt, dem Erla� einstweiliger Anordnungen stehe nur eine Vorschrift des nationalen Rechts entgegen, diese Vorschrift nicht anwenden darf.
  2. Der Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 9. M�rz 1978 in der Rechtssache 106/77 (Simmenthal, Slg. 1978, 629) entschieden, da� die unmittelbar geltenden Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts "ihre volle Wirkung einheitlich in s�mtlichen Mitgliedstaaten vom Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an und w�hrend der gesamten Dauer ihrer G�ltigkeit entfalten m�ssen" (Randnrn. 14 bis 16) und da� "nach dem Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts die Vertragsbestimmungen und die unmittelbar geltenden Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane in ihrem Verh�ltnis zum internen Recht der Mitgliedstaaten... zur Folge ((haben)), da� allein durch ihr Inkrafttreten jede entgegenstehende Bestimmung des geltenden staatlichen Rechts ohne weiteres unanwendbar wird" (Randnrn. 17 bis 18).
  3. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes haben die innerstaatlichen Gerichte entsprechend dem in Artikel 5 EWG-Vertrag ausgesprochenen Grundsatz der Mitwirkungspflicht den Rechtsschutz zu gew�hrleisten, der sich f�r die einzelnen aus der unmittelbaren Wirkung des Gemeinschaftsrechts ergibt (so zuletzt die Urteile vom 10. Juli 1980 in der Rechtssache 811/79, Ariete, und in der Rechtssache 826/79, Mireco, Slg. 1980, 2545 bzw. 2559).
  4. Der Gerichtshof hat weiter entschieden, da� jede Bestimmung einer nationalen Rechtsordnung oder jede Gesetzgebungs-, Verwaltungs- oder Gerichtspraxis mit den in der Natur des Gemeinschaftsrechts liegenden Erfordernissen unvereinbar w�re, die dadurch zu einer Abschw�chung der Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts f�hren w�rde, da� dem f�r die Anwendung dieses Rechts zust�ndigen Gericht die Befugnis abgesprochen wird, bereits zum Zeitpunkt dieser Anwendung alles Erforderliche zu tun, um diejenigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften auszuschalten, die unter Umst�nden ein wenn auch nur vor�bergehendes Hindernis f�r die volle Wirksamkeit der Gemeinschaftsnormen bilden (Urteil vom 9. M�rz 1978, Simmenthal, a. a. O., Randnrn. 21 bis 23).
  5. Die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts w�rde auch dann abgeschw�cht, wenn ein mit einem nach Gemeinschaftsrecht zu beurteilenden Rechtsstreit befa�tes Gericht durch eine Vorschrift des nationalen Rechts daran gehindert werden k�nnte, einstweilige Anordnungen zu erlassen, um die volle Wirksamkeit der sp�teren Gerichtsentscheidung �ber das Bestehen der aus dem Gemeinschaftsrecht hergeleiteten Rechte sicherzustellen. Ein Gericht, das unter diesen Umst�nden einstweilige Anordnungen erlassen w�rde, wenn dem nicht eine Vorschrift des nationalen Rechts entgegenst�nde, darf diese Vorschrift somit nicht anwenden.
  6. F�r diese Auslegung spricht auch das durch Artikel 177 EWG-Vertrag geschaffene System, dessen praktische Wirksamkeit beeintr�chtigt w�rde, wenn ein nationales Gericht, das das Verfahren bis zur Beantwortung seiner Vorlagefrage durch den Gerichtshof aussetzt, nicht so lange einstweiligen Rechtsschutz gew�hren k�nnte, bis es auf der Grundlage der Antwort des Gerichtshofes seine eigene Entscheidung erl��t.
  7. Auf die Vorlagefrage ist somit zu antworten, da� das Gemeinschaftsrecht dahin auszulegen ist, da� ein nationales Gericht, das in einem bei ihm anh�ngigen, das Gemeinschaftsrecht betreffenden Rechtsstreit zu der Auffassung gelangt, dem Erla� einstweiliger Anordnungen stehe nur eine Vorschrift des nationalen Rechts entgegen, diese Vorschrift nicht anwenden darf.

Auch im Urteil Brasserie du P�cheur SA., 5.3.1996, Rs. C-46/93 u. C-48/93, Slg. 1996, I-1029, hat der Europ�ische Gerichtshof ausgesprochen, da� jedes Rechtsmittel, das die nationale Rechtsordnung f�r innerstaatliche Rechtsanspr�che vorsieht, auch zur Durchsetzung gemeinschaftsrechtlicher Anspr�che zur Verf�gung stehen mu�.

Zusammenfassend, entweder ist diese Beschwerde und damit der vorliegende Antrag auf Zuerkennung ihrer aufschiebenden Wirkung schon kraft Bundesverfassung zul�ssig, oder, falls � 42 AKG dieser Beschwerde - zumindest zum gegenw�rtigen Zeitpunkt - entgegenstehen sollte, ist � 42 AKG jedenfalls au�er Betracht zu lassen. Damit ist diese Beschwerde jedenfalls bereits zum jetzigen Zeiptunkt zul�ssig.

Mit dem angefochtenen Bescheid werden die Zweit- bis Sechstbeschwerdef�hrer aus dem Wahlvorschlag der Erstbeschwerdef�hrerin gestrichen. Der angefochtene Bescheid greift sohin in Rechte der Beschwerdef�hrer so ein, da� einstweiliger Rechtsschutz in Form einer klassischen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gew�hrt werden kann.

F�r einstweilige Anordnungen verlangt der Europ�ische Gerichtshof den fumus boni juris, also den plausiblen Rechtsanspruch. Diese Beschwerde hat nicht nur den fumus boni juris, sondern den fumus optimi juris, den fumus juris perfecti.

Dar�ber hinaus ist Voraussetzung, da� ein unwiederbringlicher Schaden vorliegen mu�. Unwiederbringlich ist ein Schaden dann, wenn die Durchsetzung von Gemeinschaftsrecht grundlos verz�gert oder erschwert wird.

Es ist offensichtlich, da� ein zweiter Wahlgang zur Arbeiterkammer f�r alle Beteiligten eine Zumutung und f�r den Beitragszahler eine gezielte Verschwendung von Steuermitteln darstellen w�rde, wenn bereits vor dem ersten Wahlgang erkennbar ist, da� ein rechtswidriger Akt der Hauptwahlkommission eine rechtm��ige erste Wahl ausschlie�t.

Mit anderen Worten, vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europ�ischen Gerichtshofs enst�nde vor dem Hintergrund versp�teter Schaffung gemeinschaftskonformer Rechtszust�nde ein gravierender und in diesem Sinne unwiderbringlicher Schaden.

Nach � 30 Abs. 2 VwGG ist die Rechtslage noch klarer. Diese Bestimmung verlangt keinen unwiederbringlichen Schaden, sondern "nur" das Fehlen zwingender �ffentlicher Interessen am sofortigen Vollzug.

Da� im vorliegenden Fall keinerlei zwingende Interessen die sofortige Wirksamkeit der Streichung erforderlich machen, ist offenkundig.

Auch die letzte - wiederum �sterreichische - Anforderung f�r die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, n�mlich das �berwiegen pers�nlicher Interessen der Beschwerdef�hrer, ist gegeben.

Das Interesse der Beschwerdef�hrer, ihre Kandidaten auf ihrer Liste zu haben bzw. gew�hlt zu werden, zumal die Voraussetzungen daf�r offenkundig erscheinen, �berwiegt das gegenl�ufige Interesse anderer Listen, deren Gegenargumente gegen die Kandidatur der Beschwerdef�hrer mit der Rechtsordnung auch nichts zu tun haben, wie sich besonders schl�ssig aus der oben wiedergegebenen Stellungnahme des Arbeiterkammerpr�sidenten ergibt.

Die "Gef�hle" der einheimischen Bev�lkerung stellen keinen tauglichen Grund dar, �berwiegende Interessen gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu begr�nden.

Hinzu kommt, da� selbst der Verfassungsdienst in seiner Stellungnahme zum Ergebnis kommt, da� die aufgeworfene Frage "mindestens" beim Europ�ischen Gerichtshof vorlagepflichtig sein k�nnte. Auch wenn die Beschwerdef�hrer den Standpunkt vertreten, da� die Rechtslage in ihrem Sinne klar ist, w�rde auch bei Annahme der Rechtsansicht des Verfassungsdienstes dieser Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sein, denn nach st�ndiger Rechtsprechung des Europ�ischen Gerichtshofs ist w�hrend eines anh�ngigen Vorabentscheidungsersuchen alles zu unternehmen, um vorl�ufig das Gemeinschaftsrecht bestm�glich durchzusetzen.

Die Beschwerdef�hrer stellen daher den

A N T R A G,

dieser Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, in dem die Streichung der Zweit- bis Sechstbeschwerdef�hrer vom Wahlvorschlag der Erstbeschwerdef�hrerin vorl�ufig - bis zur Endentscheidung des Verwaltungsgerichtshofs - f�r unwirksam erkl�rt wird.

Bregenz, am 18.02.1999 Die Beschwerdef�hrer

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