Without a trace - Spurlos verschwunden
 
 


 
 
 
 

Fotos Anthony LaPaglia

Fotos Teil 2

Fotos Poppy Montgomery Sonstige
 
 
 

Frankfurter Allgemeine Zeitung (DEU) 03. September 2003

Wer die Zeit zum Gegner hat, braucht keine Feinde
Nicht vierundzwanzig, sondern achtundvierzig Stunden: "Without a Trace -
Spurlos verschwunden" (Pro Sieben)

Das Uhrwerk könnte zum Leitmotiv der kommenden Herbstsaison im Fernsehen werden. Zumal im Krimigenre, so scheint es, ist das große Ticken angesagt. Das klingt zwar zunächst wenig aufregend, aber verstreichende Sekunden taugen, jede für sich, auch als Spannungsturbo, sofern sich Filmemacher darauf verstehen, dem Gleichmaß des vorrückenden Zeigers das ganz und gar Ungeplante, aus dem Lot Gekippte, ja, Panische gegenüberzustellen. Nicht erst seit Alfred Hitchcock haben Regisseure erkannt, daß die Zeit zwei Gesichter hat: Sie kann schleichen, wenn man schon am Morgen den Feierabend ersehnt, und sie kann verfliegen, wenn einer zum Beispiel die Ankunft seines Mörders erwartet. Wer die Zeit zum Gegner hat, braucht keine anderen Feinde mehr.
Einen Tag nach dem Auftakt des Thrillers "24" bei RTL 2 zählt nun auch Pro Sieben die Stunden. Die neue Krimiserie "Without a Trace - Spurlos verschwunden" gibt sich achtundvierzig Stunden, um verschollene Menschen zu finden. Danach, so heißt es, "geht die Chance, das Opfer lebend zu finden, gegen Null". Eine Spezialeinheit des FBI nimmt den Kampf gegen die Zeit auf. Wir wissen zwar nichts über die erste Folge um eine vermißte junge Frau, die Pro Sieben heute abend ausstrahlt (und unser leider vorenthielt), aber über die zweite am Mittwoch nächster Woche ist zu sagen, daß sie es ohne Leerläufe zuwege bringt, die Suche nach einem verschollenen Jungen mit wiederholten Rückblenden zu versehen. So nehmen wir in der Folge "Das Geburtstagskind" seine Fährte auf und gewinnen zugleich einen Eindruck von der Persönlichkeit des Vermißten. Auf einmal werden Geheimnisse offenbar, die den Eltern verborgen blieben.
Ein Vater will mit seinem Sohn ins Stadion. Auf dem Weg dorthin verlieren sie einander aus den Augen. Als sich die Türen der U-Bahn schließen, ist der eine drinnen und der andere draußen. Der Vater muß tatenlos zuschauen, wie der Zug beschleunigt und schließlich im Tunnel verschwindet. Auch die von Jerry Bruckheimer produzierte und von Hank Steinberg geschriebene Serie verschärft zusehends ihr Tempo. Manches wird im Eifer einfach verschluckt, damit die Handlung schneller vorankommt: Der Vater steht verängstigt am Bahnsteig und ringt die aufsteigende Panik nieder, Schnitt, neben den Gleisen verteilt die Polizei Fotos seines Sohnes. Die Zeit läuft.
Jack Malone, der Leiter der Spezialeinheit, hört sich bei den Eltern um, die den verschollenen Gabe nur als artigen Jungen kennen. Anthony LaPaglia spielt Malone als wortkargen Fahnder mit Manieren, den die Routine gehärtet, aber nicht versteinert hat. Der Zeitdruck bringt ihn zwar nie aus der Ruhe, und doch meint man zu spüren, daß ihn jede verstrichene Sekunde schmerzt wie ein Schlag ins Gesicht. Dennoch dirigiert er seine Mannschaft wie ein gut gestimmtes Orchester, schickt jeden seiner Helfer in einen anderen Winkel der Stadt, um der Spur zu folgen, bevor sie verblaßt.
Wo immer ein Augenzeuge den Jungen gesehen haben will, wird die Erinnerung an diesen Moment in Bildern eingefügt. Die Ermittler folgen Gabes Weg durch die New Yorker Nacht, und allmählich festigt sich der Eindruck, daß der Junge das Chaos an der U-Bahn-Station als Chance begriff zu fliehen.
Weil sich die Serie pro Folge mit einer Stunde begnügt, wird am unteren Bildrand mehrfach angezeigt, wieviel Zeit innerhalb des Films schon verronnen ist. Der Regisseur David Nutter rafft die Handlung zu einer Art Stichwort-Chronik, aber gerade durch diese verknappte Form vermittelt er die um sich greifende Hektik auf dem Revier.
Menschen auf der Straße, die nie voneinander hörten, eint die Erinnerung an Gabe, der erst einen Straßenmusikanten nach dem Weg fragte, dann seine Eintrittskarte für das Football-Spiel an einen Schwarzhändler verkaufte, schließlich mit blutiger Jacke aus einem Laden floh. Erst im Präsidium fügen sich die Gedächtnissplitter der Zeugen zum Ganzen, erst dort vermögen die Ermittler auf die geheimen Pläne des Vermißten zu schließen. Es ist dieser Gedankensprung, der die Logik der scheinbar ziellosen Wanderung durch die Stadt enthüllt und die wachsende Gefahr vor Augen führt, der er sich mit jedem Schritt nähert. Auch Gabe ist ein Suchender allerdings treibt ihn seine Unrast dem Bösen zu, im Glauben, er sei dem Glück auf den Fersen. Die Suche nach dem Schlüssel, der die einzelnen Stationen bald nachvollziehbar aneinanderreiht, ist für Jack Malone gewiß nur Routine. Den Zuschauer hält sie bis zuletzt in Atem.
ALEXANDER BARTL
Von heute an immer mittwochs um 21.15 Uhr bei Pro Sieben.
Bildunterschrift:
Zeig mir deine Sorgenfalten: Jack Malone (Anthony LaPaglia) und sein Kollege Taylor (Enrique Murciano).
Foto CBS Worldwide Inc.
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Süddeutsche Zeitung (DEU) 30.08.2003

Nur 48 Stunden

Pro Sieben bringt die quotenstarke amerikanische FBI-Serie "Without a Trace" mit Anthony LaPaglia nach Europa

Natürlich lässt sich Erfolg nicht exakt vorausplanen. Und es hat mit enorm viel Glück zu tun, wenn nur zehn von jährlich hundert neuen Serien im amerikanischen Fernsehen über die Einstiegsfilme hinaus überleben. Aber ist die Rechnung von Anthony LaPaglia, die er morgens um elf in Los Angeles am Telefon aufmacht, so simpel? "Wir hatten einfach Glück", sagt er. Also Erfolg.
Without a Trace, die aufwändig fotografierte TV-Produktion von Hollywood-Regisseur Jerry Bruckheimer (Armageddon, Top Gun), in der Anthony LaPaglia als Chef einer New Yorker FBI-Soko vermisste Personen aufspürt, war im Jahr 2002 die Herbstüberraschung bei CBS. Selbst die Wiederholung der ersten Staffel erreichte kürzlich bis zu 62 Prozent - mehr Zuschauer als die zeitgleich auf NBC ausgestrahlten Fortsetzungen von Emergency Room. "Ein unvergleichbares Phänomen in der neunjährigen Geschichte von ER", fand der Houston Chronicle heraus.
Pro Sieben zeigt Without a Trace von dieser Woche an erstmals im deutschen Fernsehen und in Europa - immer mittwochs um 21.15 Uhr, pikanterweise im Anschluss an die neunte so genannte Saison von Emergency Room. LaPaglia erzählt, dass weder Produzent Bruckheimer noch Autor Hank Steinberg oder das Schauspieler-Ensemble damit gerechnet haben, dass aus der FBI-Saga ein Bestseller werden könnte mit Lizenzverkäufen nach Australien und Neuseeland.
Am Telefon klingt Anthony LaPaglia, 44, heiser und reserviert. Der Schauspieler mit dem italo-amerikanischen Namen, der inzwischen wie ein stämmiges Double von Robert de Niro aussieht, hat seinen freien Tag. Die dritte Folge der zweiten Staffel von Without a Trace ist in Arbeit. Gedreht wird in Los Angeles, nicht im teuren New York, wo zwar die Handlung spielt, wo sich aber auch Filmteams und Einwohner auf die Füße treten. Wie war das nun mit dem Erfolg? "It was luck", wiederholt LaPaglia, "und wir hatten einen sehr guten Sendeplatz am Donnerstagabend nach CSI".
Auch CSI, Crime Scene Investigation, ist von Bruckheimer gemacht. Die Fälle eines Forensiker-Teams in Las Vegas erzielen in den USA derzeit höchste Einschaltquoten. "Im Gegensatz zu CSI zeigen wir keine Leichen", sagt LaPaglia. "Bei uns geht es um Psychologie." Eine veritable Alternative.
Im Zentrum jeder in sich abgeschlossenen Without a Trace-Episode steht die Suche nach einem vermissten Menschen. So verschwindet in der Pilotfolge eine erfolgreiche, scheinbar ausgeglichene Marketing-Fachfrau. Es stellt sich heraus, dass die Vermisste Drogen nahm und falsche Freunde hatte. Nicht immer finden die FBI-Agenten die gesuchte Person. Wie im richtigen Leben.
Das spurlose Verschwinden der Praktikantin Chandra Levy, die ein Verhältnis mit dem US-Kongressabgeordneten Gary Condit gehabt haben soll, hielt die amerikanische Öffentlichkeit im Sommer 2002 in Atem - genau zu dem Zeitpunkt, als Without a Trace auf Sendung ging. "Es war eben einer dieser seltsamen Zufälle", sagt LaPaglia. "Bruckheimer und Steinberg müssen Gedankenleser gewesen sein."
In Without a Trace ist LaPaglia Detective Jack Malone. Ein "flawed character", wie er sagt, also ein Mensch, der Fehler mache, der korrupt und grob sei, aber auch ehrlich, aufmerksam und mitfühlend. "Malone ist sehr real und wird im weiteren Verlauf der Serie Dinge tun, die wirklich nicht gut sind." Und er hat einen fast übernatürlichen Sinn: In Rückblenden "sieht" er, was passiert sein könnte, bevor der Gesuchte verschwand, und die Handlung wechselt in dessen Perspektive. Die richtigen FBI-Agenten haben LaPaglia erklärt, dass sie aufgrund ihrer Erfahrung eine Situation klar beurteilen könnten: "Wenn sie zum Beispiel die Akte einer verschwundenen Ehefrau bekommen, dann wissen sie aus der Statistik, dass in neun von zehn Fällen der Ehemann oder der Geliebte etwas damit zu tun haben. Auf die beiden Personen konzentrieren sie sich."
Bei der Erstellung von Persönlichkeitsprofilen helfen Malone engagierte Kollegen: Samantha Spade (Poppy Montgomery), die nicht nur blond ist, sondern auch zuschlagen kann; die gewissenhafte Schwarze Vivian Johnson (Marianne Jean-Baptiste); der smarte Danny Taylor (Enrique Murciano) und Eric Close (Martin Fitzgerald), das jüngste Mitglied der Truppe. Viel mehr erfährt man über die Figuren zunächst nicht. Ihr Privatleben wird Stück für Stück in die Handlung eingestreut. "Wir wollen ja keine Seifenoper sein", sagt LaPaglia.
Sind sie nicht. Auch das Verschwinden hat Routine. Die vier rekonstruieren am Schwarzen Brett den "day of disappearance", den Tag, an dem eine Person zuletzt gesehen wurde. Jede Stunde seither wird eingezeichnet, Herzschläge pulsieren im Off. Der Zeitfaktor ist wichtig. Er baut Spannung auf und spiegelt die reale Polizeiarbeit. "Je länger jemand verschwunden ist", weiß LaPaglia, "desto dramatischer sinkt die Wahrscheinlichkeit, ihn zu finden. Nach 48 Stunden wird's trostlos".
LaPaglia hat sich warm geredet. Seine Stimme klingt fester und entspannter. Dass er in Australien geboren wurde und aufwuchs, als Sohn eines italienischen Autohändlers und einer dänischen Sekretärin, hört man nicht mehr. Mit 25 kam er in New York an und fand eine Anstellung als Lehrer. Nebenbei spielte er Theater, was er noch immer tut: 1998 bekam er einen Tony Award für seine schauspielerische Leistung in dem Arthur-Miller-Stück A View from the Bridge.
Jedenfalls hatte LaPaglia schon einmal Glück. Ende der Achtziger traf er die richtigen Leute und landete beim Film und im TV. Anfangs spielte er allerdings meistens Nebenrollen, etwa die des Simon Moon in der Sitcom Frasier; dafür bekam er 2002 einen Emmy. Er verkörperte auch eine Reihe von Polizisten, meist Italo-New Yorker, was sonst. LaPaglia habe eben "das Gesicht eines freundlichen Cops", schrieb mal ein Kritiker.
Durchs Telefon rauschen Babyschreie. Bridget ist sechs Monate alt und LaPaglias erstes Kind mit Ehefrau und Schauspielerkollegin Gia Carides (My Big Fat Greek Wedding). Hat er Bridget schon einmal suchen müssen? "Gott sei Dank noch nicht", sagt LaPaglia. Wegen ihr habe er das Angebot für diese TV-Serie angenommen, um nicht mehr so viel reisen zu müssen. Er wohnt in Los Angeles und New York. Heimisch fühlt er sich aber nur in New York.
Was fühlt ein Vater, der in der zweiten Folge von Without a Trace einen Jungen suchen muss, der im Metro-Gewühl unauffindbar verschluckt wird? "Puhh." LaPaglia fällt die Antwort hörbar schwer. "Wenn ich mit FBI-Agenten spreche, erzählen sie mir immer das Gleiche: ,Das ist das Schlimmste, was dir in diesem Beruf passieren kann.' Mit Erwachsenen können sie umgehen. Mit Kindern ist es anders. Wenn ein Kind entführt und ermordet wird, stirbt auch die Aussicht auf das, was das Leben noch bieten könnte. Und das berührt dich in viel stärkerem Maße."
SENTA KRASSER
Textergänzung:

Bildunterschriften: Anthony LaPaglia ist seit kurzem Vater von Baby Bridget. Beruflich sucht er Menschen, die in New Yorks Schluchten verschwunden sind.
 
 

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