Jeden bestrafen, der anders ist

von Dushan Wegner (27. Mai 2024)

Anmerkungen & ergänzende Links: N. Dikigoros

Wir können uns bei Armin Laschet bedanken, wenn auch das, wofür wir danken, denkbar bitter ist. Armin Laschets unmittelbare weitere Politkarriere und seine öffentliche Behandlung im deutschen Diskurs wird uns eindeutig beantworten, ob Deutschland eine Demokratie und ein Rechtsstaat ist.

Vor einigen Tagen wurde ein Video publik, in welchem einige angetrunkene Luxus-Urlauber auf Sylt unschöne Parolen gerufen hatten. (Ich schrieb darüber im Essay »Pendel nun bei ›Ausländer raus‹«.)

Armin Laschet ist Mitglied der CDU und ehemaliger Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, ehemaliger CDU-Vorsitzender und ehemaliger CDU-Kanzlerkandidat. Man darf annehmen, dass Laschet auf gewisse Weise inoffiziell für die CDU spricht, für den wahren Geist der CDU-Maschinerie.

Im »Bericht aus Berlin« hat Armin Laschet sich wenig überraschend auch an die opportunistische Empörung ob jenes Sylt-Videos drangehängt.

Armins Offenbarung

Ich zitiere: »Also diese Sylt-Szenerie, die ist ja in jeder Hinsicht daneben und abscheulich. Weil, das ist die Elite des Landes, das sind die reichen jungen Kinder, die scheinbar in ihrer Erziehung nicht gelernt haben, dass man nicht gegen andere Menschen, erst recht die unter ihnen stehen, hetzt. Ich glaube, die haben aber ihren Preis bezahlt. In kürzester Zeit waren alle Namen öffentlich, sie haben alle ihren Job verloren. Und ich glaube, als Gesellschaft müssen wir darauf achten, dass das bei allen diesen Vorfällen gilt. (…) Und da wünsche ich mir, dass man genau so jeden Einzelnen versucht zu bestrafen, der antisemitisch, der rassistisch und der anders ist.« (mein Transkript nach @ARD_Bab, 26.5.2024.)

Ja, das hat Herr Laschet so gesagt. Ignorieren wir für einen Augenblick, wen der CDU-Abgeordnete als »Elite« ansieht – die Reichen – und wen er als »unten« und »oben« ausmacht.

Betrachten wir, wer laut dem CDU-Politiker bestraft werden sollte: jeder Einzelne, »der anders ist«.

Herr Laschet ist politischer Profi, so sollten wir annehmen. Er weiß, was er sagt, er ist »Herr seiner Sinne«. (Anm.: a.A. schon seit längerem Frau Dikigoros - die aber auch seinen Nachfolger liebend gern in die Wüste schicken würde :-) Also dürfen wir davon ausgehen, dass er meint, was er sagt, zumal er sich ja keineswegs schnell korrigiert. Ja, der Staatsfunk verbreitet seine Aussage in den sozialen Medien als Video-Auszug, inklusive Transkript.

Öffentlicher Abschied vom Rechtsstaat

Es ist ja schon länger recht offensichtlich, dass der »Kampf gegen Rechts« in Wahrheit ein Kampf gegen Kritiker und Andersdenkende ist. Neu ist aber tatsächlich – und dafür dürfen wir Herrn Laschet auf zynische Weise »dankbar« sein –, dass dies öffentlich zugegeben wird.

Ironischerweise war es ein »Demokratiefest«, auf dem Herr Laschet zu Protokoll gab, dass jeder, der »anders« ist, bestraft werden muss. Damit hat sich Herr Laschet öffentlich von der Demokratie verabschiedet, denn Sinn und Wesen der Demokratie ist es ja, unterschiedliche und »andere« Meinungen zusammenzubringen.

Herr Laschet hat sich nun aber auch öffentlich, ausführlich und maximal eindeutig vom Rechtsstaat verabschiedet.

Der CDU-Politiker begrüßt, dass die Namen der im Social-Media-Gericht beschuldigten Personen öffentlich wurden. Dass diese Menschen ohne rechtsstaatliches Verfahren ihren Job verloren. Dass sie am öffentlichen Pranger geächtet werden, attackiert vom milliardenteuren Staatsfunk und der Politik. Eine Strafe und Vernichtung ohne Anklage.

Wir müssen uns fragen...

Wenn Herr Laschet und seine Partei nach diesen eindeutig anti-demokratischen und anti-rechtsstaatlichen Aussagen nicht umgehend vom Verfassungsschutz beobachtet werden, wenn Laschet nicht umgehend aller Funktionen enthoben wird, wenn seine Partei ihn nicht ausschließt und ihm den Rückzug aus dem Parlament nahelegt, wenn diese maximal eindeutige Positionierung gegen die Werte von Demokratie und Rechtsstaat nicht zu ernsthaften Konsequenzen führen, müssen wir uns fragen, ob und inwiefern Deutschland ein solcher ist.

Insofern dürfen wir Herrn Laschet sehr dankbar sein. Er hat deutlich gezeigt, was ohnehin einige vermuteten. Nämlich, dass einige Politiker es nicht so sehr ernst nehmen mit den demokratischen und rechtsstaatlichen Werten. Und er zwingt das politische System, sich ehrlich zu machen und zu reagieren.

Schweigen ist Zustimmung, gerade hier. Wenn die Mainstream-Politik wirklich für Demokratie steht, und dies nicht nur ein Codewort für »Macht und Pfründe der Etablierten« ist, dann muss und wird die Politik mit maximaler Konsequenz auf Laschets demokratiefeindliche Parolen reagieren, und ihn – gern in seinem Sinne – »bestrafen«.


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