Schlußbemerkung

Wir stehen vor der letzten Frage: Wie wird es weitergehen? Am 27. November 1929 hat Bischof Buchberger bei einer Ansprache im Erhardi-Haus zu Regensburg das Thema Konnersreuth berührt. Damals hat er zu Zurückhaltung gemannt: "Welcher Schaden", so hat er erklärt, "würde erwachsen für die Kirche, wenn man zunächst mit Trompeten von den Wundern von Konnersreuth reden und ausposaunen würde und hernach zurückrufen müßte! ... Im Falle Konnersreuth interessiert uns zunächst das heilige Leben der Therese Neumann, und wenn dieses fehlen würde, interessiert uns das andere gar nicht. " Aber ist es denn möglich, "das andere" von dem Leben zu trennen? Im Falle Anna Maria Göbel, der Zeitgenossin der Therese Neumann, hat der zuständige Bischof Bornewasser von Trier anders gedacht und gehandelt. Die Folge war, daß die "Begnadete" als Schwindlerin entlarvt werden konnte. Die ,,Stigmatisierte von Bickendorf" hat ihrem Bischof gehorcht und sich überwachen lassen. Hätte dies Therese Neumann auch getan, dann käme niemand mehr auf den Gedanken, ihr das zu bescheinigen, was Bischof Sebastian von Speyer über sie gesagt hat: "daß sich in diesem Gotteskind Gottes höchste Theologie, Askese und Mystik mit größter Einfachheit treffen" 257.

Wovor Bischof Buchberger gewarnt hat, das ist geschehen: mit Pauken und Trompeten wurden die ,,Wunder von Konnersreuth" ausposaunt. Das hat der Kirche geschadet, und zwar ungeheuer schwer. Das "Zurückrufen" würde keinen neuen Schaden bringen. Es würde jedoch das Eingeständnis bedeuten, daß sich nicht wenige namhafte Vertreter der Kirche schwer geirrt haben, und zwar bis zur Gegenwart. Wer wagt es, solch ein Eingeständnis zu erhoffen?

Wie wird es also weitergehen? Bischof Manfred Müller hat bereits mit dem Hinweis auf den aus der Pfarrei Konnersreuth stammenden P. Liberat Weiß eine Antwort gegeben. Man wird "sammeln, archivieren und prüfen"; diese Arbeit kann noch lange dauern. Ebenso wird es dann beim eigentlichen Prozeß sein. "Zurückrufen" wird man nicht, weil man einen "Schaden für die Kirche" vermeiden will. Es wird weiterhin "mit Trompeten von den Wundern von Konnersreuth" geredet werden; gelegentlich wird man in Konnersreuth Gedenktage begehen, mit bischöflicher Beteiligung - "im Dienst der Wahrheit".

Am 31. Mai 1937 hat Prof. Wunderle aus Enttäuschung über das Verhalten kirchlicher Stellen die Frage gestellt: "Ja, sieht man denn nichts in den sogenannten höheren Regionen?" Im Jahr darauf hat er gesagt: "Ich stehe schon seit einem Jahrzehnt vor dem Rätsel, warum gerade die leitenden Stellen der Kirche sich scheuen, hier mit offenster Klarheit und Furchtlosigkeit aufzutreten. Mein Pessimismus ist leider Gottes bis jetzt in jeder Hinsicht wahr geworden 258." Was würde Wunderle erst sagen, wenn er die weiteren Schritte kirchlicher Würdenträger erlebt hätte?

Die letzten Sätze im Buch "Konnersreuth als Testfall" haben gelautet: "Wenn all das, was jahrzehntelang zum Besten gegeben wurde, mit unserem Glauben in Einklang stehen soll, dann müssen wir unsere ganze Theologie umkrempeln. Merkt man denn immer noch nicht, wie leichtfertig durch einen derart verrannten und verblendeten Glauben an eine Pseudomystikerin dem, was Glaube wirklich, das heißt im eigentlichen theologischen Sinn bedeutet, schwerster Schaden zugefügt wird?"


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Letzte Änderung: 22. August 1997