Kurzfassung
Gewalt am Arbeitsplatz -- physisch [mittelbar/unmittelbar
wie Körperverletzung, Tätlichkeit,
rassistische(sexuelle) physische Beeinträchtigung, Anschreien,
sonstige indirekte Angriffe]
-- psychisch (Druck, Streß, Drohen, Mobbing, Persönlichkeitsverletzung,
Stigmatisierung) -- ist in
unserer postindustriellen, wegen Gleichbehandlung ringenden Gesellschaft
das eigentliche
Sicherheitsproblem in der Arbeitswelt
geworden.
Als Arbeitsinspektor im Streit mit der Frühpensionsrepublik
muß ich mit "gebundenen
Händen" (Quasi-Berufsverbot als Arbeitsschützer) dabei
zusehen, wie das "Land der Hämmer
zukunftsreich" (Österreich) in eine zukunftsarme Frühpensionsrepublik
verwandelt wird, wie durch
stillschweigende Inkaufnahme EU-unreifer Arbeitsbedingungen Menschen
zunehmend zu
maschinengetakteten Süchtigen mutieren, wie die irre Beschleunigung
sinnloser Wiederholungs-
und Vernichtungsprozesse der Auslöschung "unpassender" oder "fremder" Arten - wie auch "fremder" Kultur - dient
--- und wie die Autorität
des Staates von innen her zerfressen wird.
Um diese Spirale der Gewalt zu transformieren ist es notwendig dem Werkverantwortlichen
und
den Werkenden eine gemeinsame Plattform der Synergie
zu bieten, auf welcher sich beide
Interessen (Gewinn, Lohn) treffen können, ohne totalitäre
Reform (die nur spiegelbildliche
Umkehrung der Abhänigkeitsprozesse bewirkt - "Revolution") oder
selbstzerstörende
Kampfmaßnahmen (Streiks, Aussperrung).
Die Plattform der Synergie: Gewaltreduzierung resp. -losigkeit
am Arbeitsplatz, d.h. wachsamer
Arbeitsschutz zur Neutralisierung destruktiver Elemente und Störfaktoren
als Garant für
nachhaltiges Werken bei Schöpfung aus nicht nur quantitativen Leistungsvermögens
sondern
auch kreativer Potentiale und diversifizierter Kultur.
In Zeiten, wo noch ausschließlich Technikern die "Managementaufgabe
des Arbeitsschutzes"
übertragen ist, darf man sich auch nicht wundern, daß Arbeitsschutz
und Sicherheit am
Arbeitsplatz in einen Topf geworfen werden. Persönlicher Diskriminierung
aus In-valid-verachtung,
Rassismus und Fremden- und Frauenfeindlichkeit ist Tür und Tor geöffnet:
die Verbannung von Menschen mit
Handicaps, von Frauen und "Fremden" aus dem Arbeitsleben kann mit dem
agressiven Unterpfand
der "notwendigen Arbeitssicherheit" betrieben werden wie ein KZ-Krematoriumsschlot.
Ein halbes Jahrhundert nach Auschwitz ist es wohl an der Zeit, daß dem Mythos
Sicherheit endlich seine Maske
heruntergerissen und die Fratze
des rassistischen Raffers, der den Techniker zum Instrument
seiner Gier gemacht hat, enttarnt wird.
Arbeitsschutz ist Menschenschutz und nur dann möglich, wenn die
Gewalt aus Zwang und
Fremdtaktung reduziert und schließlich aufgelöst wird. Dem
Individuum als Maß zu
bewerkstelligender Aufgaben und Prozesse muß ein höchstmöglicher
Teil an Verantwortung nicht
nur im "wie" des Schaffens, sondern vor allem im "ob überhaupt"
zugebilligt werden. Gegründete
Unterlassung von Arbeitsleistung darf
nicht als Vertragsverletzung verfolgt werden, sondern muß
als Notwehrmaßnahme gegen Diskriminierung
und sonstige Gewalt am Arbeitsplatz legitimes Mittel
zu Durchsetzung des menschlichen Maßes in der Arbeitswelt werden.
Österreich ist hinsichtlicher der Umsetzung europäischer
Mindeststandards im Arbeitsschutz
vertragsbrüchig (Univ-Prof. Mosler,
31. Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Arbeits-und
Sozialrecht in Zell/See März 1996). Die zu erwartende Beschäftigungslage
in Österreich ist
hinsichtlich des Verlustes am menschlichen Maß im Arbeitsschutz
auf lange Sicht gesehen als
unbefriedigemd zu erachten, zumal das im Arbeitsschutz für die
Volkswirtschaft zugrundeliegende
Innovations(und Reparatureinsparungs)potential in Österreich solange
keine
beschäftigungsrelevanten Auswirkungen zeitigen wird bis hierzulande
nicht nur die europäischen
Mindeststandards im Arbeitsschutz umgesetzt werden, sondern auch endlich
zum menschlichen - auch im Sinne diversifizierter kultureller Prägungen -
Maß in diesem Bereich vorgestoßen wird.
Das gesunde menschliche Maß dabei kann nur heißen:
gewaltfreier (rassismusfreier) Arbeitsplatz !!!
Singh Ji, EU-Arbeitsinspektor Nomade