Ostwärts! Von Ios über ...
Etappe13 Ostwärts! Von Ios über Armogos nach Levitha Richtung Tükei
Sept., Okt. 2006
  Endlich - am 7. September 2006 - haben wir Ios Hafen verlassen. Unzählige Male sind wir die Südwestseite der Insel rauf und runter gebrettert; mit dem 180PS Schlauchboot von Meltemi Watersports. Im Lee des Meltemi, der auch jetzt wieder in harten Böen die Berge der Insel runterbliess war das Wasser einigermassen ruhig. Geplant war, nach einem letzten Blick auf die südliche Manganari-Bucht, den Kurs auf Nordost abzusetzen. Bis nach Amorgos sollte es an diesem Tag gehen. Denkste! Sobald wir auf die Luvseite von Ios kamen, stand uns von schräg vorne eine 2-Meter-Welle gegen den Bug. Hurra, hurra, wie schön ist es doch, in den Kykladen zu segeln... . 40 sm lagen vor uns bis nach Armorgos und wir hatten einfach keine Lust, auf diese Distanz gegenan zu bolzen. Also verpissten wir uns in die Bucht "Tries Klises" (drei Kapellen), ein Piratenversteck auf der Südostseite von Ios. Tief in der Bucht konnten wir nach Osten blickend den ungemütlichen Seegang beobachten, der sich am übernächsten Tag dann endlich beruhigte. Am 9. September trauten wir uns dann endlich raus und machten uns auf für die 9 Stundenfahrt nach Armorgos. "Ormos Kalotiri" - eine Bucht, welche von einer vorgelagerten, hoch aufragenden Felsklippe gegen den nördlichen Schwell geschützt wird - war unser Ankerplatz. Draussen trieb der Meltemi weiterhin die Wellen vor sich hin. Hinter der ca. 100 Meter hohen Steilwand merkten wir davon nichts und hatten eine ruhige und erholsame Nacht. Unsere Bucht hatte zwei Zufahrten. Von Westen kommend breit und grosszügig über ca. 3 sm entlang der Nordseite von Armorgos - so sind wir hierher gekommen. Im östlichen Teil der Bucht führte eine sehr enge Durchfahrt mit einigen Untiefen wieder auf ´s offene Meer. Mit uns nächtigte die Chartercrew einer fetten Bavaria in der Bucht. Da der Törnführer für die östliche Ausfahrt bei Seegang wegen der Enge und der Untiefen Bedenken äusserte, beobachteten wir zunächst die Bavaria, wie sie genau den engen Weg hinaus auf ´s offene Meer nahm. Sie verschwand um die Ecke hinter einem Felsvorsprung und wir warteten einfach ab. Wären die Bedingungen für die Ausfahrt nicht gut, so würde die Bavaria wieder abdrehen und bald schon erneut auftauchen ... . Sie kam aber nicht mehr zurück und so machten wir uns auch auf den gleichen Weg, der immerhin 3 sm ersparen würde, die wir sonst auf gleicher Strecke vom Vortag in die Bucht hätten machen müssen. Das war ein seemännischer Fehler! Denn kaum, als wir jenen Felsvorsprung passierten, hinter dem auch die Bavaria noch vor einer halben Stunde verschwand, standen wir auch schon inmitten einer erheblichen Grundsee. Keine 100 Meter hinter uns war da die Steilküste der Insel Armorgos, während Aura mit dem Bug tief in die heranrollenden Wellenkämme eintauchte. Es handelte sich dabei um Restdünung des nächtlichen Meltemi, den wir freilich des nachts im Schutz der hohen Felswand nicht spürten. Wind hatten wir nämlich keinen. Der Blick auf das Echolot war beängstigend. Um die 2 bis 3 m und das bei eben genauso hohen Wellen. Wenn jetzt der Motor versagt, dann würden uns die Wellen unbarmherzig an die Steilküste spülen. Nichts wie raus hier! Volle Kraft vorraus und weg, weg, weg von der Küste. 3 m, 3,50 m, 4 m, 5 m, 8 m, 15 m Wassertiefe zeigte das Lot und so langsam entfernten wir uns von Armorgos. Puh! Die Gefahr verringert sich und endlich konnten wir unseren Nordkurs wieder auf das östliche Ziel - die Insel Levitha - korrigieren. Endlich, das Ostkap von Armorgos war passiert und wir hatten wieder nach allen Seiten freien Seeraum. Küstennähe nämlich, vermittelt eine trügerische Sicherheit. Tatsächlich ist "Land in Sicht" in den allermeisten Fällen die eigentliche Gefahr des Segelns. Das vermeintlich rettende Ufer ist für das Schiff die am ernst zu nehmenste Gefahr. Solange es in seinem Element - dem Wasser - ist, kann einem seetüchtigen Schiff eigentlich nichts passieren. Es schaukelt und rollt unangenehm und die See kann sich wirklich fürchterlich zeigen. Aber das Schiff hat im Wasser die Möglichkeit, die heranrollenden Kräfte auszugleichen. Es legt sich auf die Backe oder vertreibt. Aber wehe, wenn der Schiffsrumpf sich nicht mehr neigen kann oder mit den Wogen auf- und abtauchen kann. Es verhält sich dann so, als wenn man aus 5 Meter höhe auf Beton, statt auf Wasser aufschlägt. Abgesehen von den fürchterlichsten Stürmen (Hurricanes, Tornados, etc.) sinken Schiffe nicht auf offener See, sondern in Landnähe. Das sind so die Gedanken, die man in der o.g. Situation hat.
 

OK - das so als kleine Exkursion für Nichtsegler, denen zuletzt noch gesagt sei, dass die physikalischen Kräfte eines mit 200 Sachen dahinfahrenden Autos bei plötzlichem Aufstoppen gegen z.B. einen Brückenpfeiler weitaus höher sind. Schiffe sind vielleicht die sichersten Verkehrsmittel und mögliche Ängste auf See sind meist nicht rational.

Levitha ist die grössere, einer Reihe von Mini-Inseln auf der östlichen Flucht zwischen Kykladen und den Dodekanes (Inselgruppe vor der Ostküste Türkei). Einzig eine Familie mit einem kleinen Bauerhof lebt dort, die eine kleine, sehr urige Taverne betreibt. Damit sich ein paar Segler dorthin "verirren", haben die Leute in wunderbarer Bucht Muringbojen ausgelegt. Die Gegend ist noch unberührt und daher verschont von Umweltverschmutzung. Hier ist das türkisblaue Wasser traumhaft klar. Es ist einer der wenigen Orte, die nur auf eigenem Kiel zu erreichen sind und bilderbuchmässig das Gefühl echter Robinsonade aufkommen lässt. Man ist irgendwo... - am Ende der Welt und fast schon wieder froh, dass abends dann doch noch ein paar Segelboote in die Bucht kommen. Von Kos aus, halten wir Levitha bei guten Wetterverhältnissen für ein seglerisches Muss.

<-- Körper - und Bootspflege in der Bucht von Levitha
 
  Praktisch und selten in Griechenland: Muringbojen
leider auch selten in GR: Bemühungen um die Umwelt
   
 
Die Ruhe auf Levitha hielt uns 3 Tage fest. Dann ging es weiter zur ersten Dodekanes-Insel. Kalimnos liegt schon nahe vor der türkischen Küste - direkt westlich von Bodrom.Wir machten Station in der Bucht Vlikadhia. Hier hatten wir mal wieder Probleme mit unseren CQR-Anker, der entgegen den Verlautbarungen seiner grossen Fangemeinde unserer Meinung nach überhaupt nicht zu empfehlen ist. Insbesondere bei mit Seegras bewachsenem Boden vermag der sich kaum sicher in den Grund einzugraben. Sicherheitshalber schmissen wir nach einigen Ankermanövern denn auch unseren Zweitanker. Ilonka machte dann noch eine schnelle Ruderfahrt. Wir hatten keine Zigaretten mehr an Bord und das geht nun wirklich nicht! Am nächsten Tag war es eigentlich nur noch ein Katzensprung nach Kos. Fotos versprachen dort eine sehr schöne Marina und mein Stoppelbart schrie mal wieder nach einer komfortablen Dusche. Ja Kinder, so eine Dusche ist für den Fahrtensegler ein echter Luxus. Überhaupt lernt man bei Fahrtensegeln ehemals selbstverständliche Ding zu schätzen. Dazu aber an anderer Stelle mehr ... .
  Ja, ja, die Segelei.... . Wenn man so auf die Seekarte schaut, dann sieht die kurze Fahrt zwischen dem Südostzipfel von Kalimnos und dem ca. 20 sm entfernten Haupthafen an der Nordwestspitze von Kos ganz harmlos aus. Keine 8 sm weiter liegt schon die Türkei. Das ist so die durchschnittliche Breite des Seeraumes zwischen dem asiatischen Kontinent und den vorgelagerten griechischen Inseln in der östlichen Ägäis. Und wenn die Sonne scheint und eine ideale Segelbrise von Nordwest her weht, dann ist die Freude gross und Skipper übersieht schon mal, dass die Insel Kos den Seeraum hier vor der türkischen Küste zum Trichter macht. Wenn man dann wieder mal den Schutz im Lee einer Insel verlässt, ist die Überraschung gross. 5 bis 6 Windstärken trieben nämlich das Wasser mit rasender Strömung durch besagtem Trichter. Während Aura solchen Wind in strömungslosen Gewässern sofort in Speed durchs Wasser umsetzt, überholten uns hier die achterlichen (von hinten kommenden) Wellen trotz 9 Knoten Fahrt über Grund. Einmal verloren wir die Kontrolle über das Schiff - es lief uns aus dem Ruder. Noch nie zuvor ist das passiert und deshalb getrauten wir uns kaum, schon sehr nahe am Hafen von Kos die fällig Halse zu fahren. Lass laufen, die Kiste, so entschieden wir uns und verbleiben auf dem südöstlichen Kurs. Kaum eine Stunde später waren wir aus der Strömung raus und ... naja, und dann passierten wir einen Felsen, auf dem prominent die türkische Nationalflagge wehte. Wir waren unvermittelt in der Türkei! Asien vorraus! In immerhin geschützten Gewässern machte der starke Nordwind vor imaginären Landesgrenzen (auf See stehen keine Schlagbäume) freilich nicht halt. Fallböen, wie wir sie zuletzt in den Kykladen hatten rauschten da von den türkischen Gebirgsmassiven herunter, bis wir in einer Bucht vor Bodrum den ersehnten Schutz fanden. Ganz geheuer war uns das nicht - schliesslich hätte man gesetzmässig offiziell in der Türkei einklarieren müssen. Gut, immerhin hatten wir die türkische Gastflagge gehisst. Hoffentlich würde das als "Tarnung" vor dem selbst inszeniertem Schmuggel unserer selbst reichen. Naja, und wenn man denn schon mal da ist, dann betreten wir doch auch gleich mal türkisches Festland. Ilonka fand das umso spannender, weil sie noch nie in der Türkei war. Ein neues Land, ja sogar ein neuer Kontinent auf unserer Reise. Nach unserer inoffiziellen Stipvisite mit abends essen gehen auf türkischem Boden, schlichen wir uns dann am nächsten Tag noch im Morgengrauen zurück nach Griechenland. In der Marina Kos wollten sie uns nicht haben - wegen Überfüllung und den Charteryachten, die kommen würden. Es war Freitag und Freitags abends kamen auch hier die Wochencharterer für den nächsten Crewwechsel zurück. Also noch 2 sm weiter nördlich in den alten, sehr schönen Stadthafen von Kos. Standesgemäß parkten wir dort neben einer riesigen Segelyacht mit klassischen Riss. 2 Wochen verbrachten wir hier. Die Weiterfahrt sollte erst 2 Wochen später sein, da wir hier während diverser Sturmtiefs auch das Eintreffen einer neuen Versicherungspolice für Aura abwarteten. Wäre er nicht so teuer, so ist Kos Hafen durchaus ein längerer Aufenthalt wert.
 
  Kos Stadthafen - im Hintergrund der Yachtanleger direkt am Gemäuer der alten Jesuitenfestung
 
  mittendrin und doch ohne vorbeirauschende Autos - gut so.
Paxos liebte es, an der hohen Mauer rumzukrakseln
  Zwischen Kos und Bodrom ist reger Pendelverkehr von Ausflugsbooten. Täglich fuhren hier an die 10 türkischen Gullets ein und aus. Vor allem war dabei zu beobachten, dass die türkischen Crews kistenweise Alkoholika an Bord nahmen. Der Hinweis, das Alk aller Art in der Türkei richtig teuer ist, war eindeutig. Bevor wir Kos verliessen bunkerten wir unser Schiff mit entsprechendem Proviant. Der entsprechende Supermarkt war ziemlich weit ausserhalb der Stadt. Kos selbst ist nämlich so attraktiv, dass sich im Hafen auch noch so spät im Jahr unheimlich viele Touristen bewegen. Allerdings von der Art Neckermänner, wie wir sie sonst nirgends in Griechenland antrafen. Die Pier war wirklich der Boulevard der Hässlichkeit; wir trauten manchmal unseren Augen nicht, zeimlich amerikanisch mutete das an und vielleicht gab es nicht zuletzt deswegen sogar einen Orignal MC Donald hier in Kos Stadt. Das treibt die Preise und so machten wir uns die Mühe per Bus zu besagten, riesigen Supermarkt ausserhalb zu fahren. Ilonka besorgte dann auch den Transport zurück. Sie heuerte einfach einen auf dem Parkplatz stehenden Kleinbus an. Der Fahrer stimmte wohl zu, als sie fragte, ob er denn in die Stadt fahren würde. Als er erst später unsere zwei riesigen, bis zum Rand befüllten Einkaufswagen sah, hat er schon blöd geguckt, konnte aber nicht mehr Nein sagen.
 
  Oft ziemlich eingeparkt - kleine Aura inmitten grosser Gullets
Proviant, wie für die Atlantiküberquerung - Grosseinkauf
  Am 1. Oktober verliessen wir Kos. Unser Plan war, offiziel im Küstenort Datca in die Türkei einzuklarieren. Da die Türkei ja kein EU Mitglied ist, handelt es sich hierbei um einen oft komplizierten Prozess bzw. mitunter endlosen Behördengang. Das kann so nervig sein, dass viele sich dazu hierfür eigens etablierter Agenturen bedienen. Manchmal liegen Zoll, Polizei und Hafenamt soweit auseinander, dass man mit dem Taxis hierzu unterwegs ist. Im kleinen Ort Datca würden die Ämter nahe beieinander liegen. Zeit genug hätten wir ja, also wollten wir dort ohne Hilfe von Agenten das selber machen. Wie sich herausstellen sollte, war dem auch so. Doch erst sollte es noch zu der Insel Simi gehen. Ca. 60 sm waren von Kos nach Simi zu überwinden. Die meiste Zeit im Lee der Insel Kos, so dass der starke Meltemi wenigstens keinen hohen Seegang aufwarf. Die Fahrt verlief gut, aber dennoch drohten wir Simi erst bei Dunkelheit zu erreichen. Ein zweites Mal versteckten wir uns für die Nacht auf türkischem Hoheitsgebiet auf der Südseite der weit ins Meer ragenden Landzunge, die der Ort Datca ihrem Namen gibt. Wir hatten einen ersten Vorgeschmack vom Hisarönu-Golf, ein geiles Seegebiet (dazu später mehr).
 

Nach guter Nacht hiess es dann am 2. Oktober mit perfekter, nördlicher Brise den Steinwurf von 9 sm nach Simi zu segeln. Wir hätten wohl auch gleich in der Türkei bleiben können - Datca lag noch näher, aber wir bereuten unseren Entschluss nicht. Der Hafen von Simi hielt das Versprechen aus dem Törnführer, er sei vielleicht der schönste in der Ägäis.

Oh ja, Simi Hafen ist vielleicht sogar der schönste im Mittelmeer. Für Griechenland und für die Zeit ab Oktober ist er jedenfalls unsere kompromisslose Empfehlung. In den Hochsommermonaten mag es hier nämlich zu voll sein. Wir haben das besondere Flair von Simi absolut genossen und blieben gerne eine ganze Woche dort an der Stadtpier liegen. Würde die Zeit nicht schon etwas gedrückt haben, so hätten wir auch die Insel noch umrundet - uns wurde von etlichen, wunderbaren Ankerplätzen berichtet. Wer sich eine unvergessliche Segelwoche mit uns wünscht, der mag sich für das Frühjahr anmelden. Lasst uns Rund Simi machen!

 

Unser Greichenland-Highlight: Insel und Hafen Simi

  Der 6. Oktober nun endlich war der Tag, andem wir ganz offiziel in Datca bei den Türken einklarierten. Da waren wir nun, im Land der Minarette, von denen man schon am frühesten Morgen den Muezin zum Gebet rufen hörte. Wir sind im Morgenland, bei den Muslemen. Es würde kein Schweinefleisch mehr geben und bald gäbe es Ramadan, den Fastenmonat. Nur gut, dass wir im Simi noch zollfrei Zigaretten und ein Fläschen Whiskey kauften, dachten wir ... .
   
 
© Montag, 08-Jan-2007
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