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K a t h a r i n a W a c k e r n a g e l zu Gast in der
NDR Talk Show (3. September 1999)
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K = Katharina
Wackernagel
A = Alida Gundlach
Übrigens: Ich hatte während dieser Sendung fast Mitleid mit
Katharina. Der Grund: Die Moderatorin Alida Gundlach war so gut wie überhaupt
nicht auf ihren Gast vorbereitet und nervte mit falschen Aussagen/Fragen.
(Diese werde ich dann mal mit einem * kennzeichnen!) [...] sind natürlich
Passagen, in denen es nicht um Katharina ging und die ich weggelassen hab.
A: Jetzt möcht ich Katharina Wackernagel doch noch mal fragen. Mit
20 Jahren, hat Ihnen dieses Gespräch mehr Hoffnung
oder mehr Angst gemacht? Was Sie jetzt so gehört
haben über Frauen über 50...
K: Hoffnung oder Angst, das ist sehr schwierig, darauf zu antworten. Angst
davor hab ich keine. Warum sollte ich Angst
davor haben, wenn hier zwei Frauen sitzen, die sagen,
das ist gut? Und was ich auch z.B., was hier immer wieder
angeführt wurde - Warum sollten die Frauen lügen?
Ich glaube das absolut, daß man selbstbewußter wird, daß
man -
Obwohl ich auch nicht sagen kann, daß ich mich
durch einen Mann definierte. Das denk ich nicht. Aber viele Sachen,
die hier jetzt so erzählt wurden, ich glaube
das. Ich denke auch da dran, daß das eben so'n Selbstbewußtsein,
so'ne
Ruhe schafft. Das ist bestimmt auch gut. Und daß
es trotzdem -
[...]
A: Katharina, wie ist das bei Ihnen? Sie spielen in einer Jugendserie.
Fragt man sich da auch manchmal, "Mensch, wie
geht das weiter?" oder ist das noch ganz weit weg?
K: Klar fragt man sich, wie's weitergeht. Aber es ist eigentlich - Ich
denke, ich bin jetzt da, wo ich immer alles noch
schneller haben will, möchte, daß es noch
schneller geht und ich noch schneller das und das machen möchte und
am
besten irgendwie alles an einem Tag. Ich weiß
nicht. Natürlich denk ich über Alter nach, wobei ich jetzt auch
nicht
sagen kann, daß ich Angst davor hab. Ich hab
jetzt schon so die ganzen Sachen gehört und dachte dann auch, wie
man sich fühlt, wenn man sagt, ich hab vielleicht
nicht mehr viele Jahre zu leben. Also so denke ich natürlich nicht.
Aber - für mich - Ich hab mit dem Beruf gerade
erst angefangen und da ist es eigentlich so, daß man alles schnell
will und daß man nicht abwarten kann, bis die
Zeit vergeht, in der man das und das gemacht hat.
[...]
A: Am Montag war der Start für 26 neue Folgen. Preisgekrönte
ARD-Serie immer montags fünf vor sieben im Ersten.
"Tanja" heißt die Serie, und sie als Hauptdarstellerin
sind ebenfalls mit Ehren überhäuft worden. Also Sie haben ja fast
genau so viele Preise bekommen wie der gesamte Film.
* (Schön wär's gewesen, aber die Serie wurde leider nie
mit einem Preis ausgezeichnet, und Katharina hat sogesehen
sogar mehr Preise bekommen, nämlich einen - den
Goldenen Löwen 1998.) Hat denn dieses Rollenangebot
Ihr Leben vällig umgekrempelt?
K: Mein Leben schon, ja. Also ich hab mit 17 das Angebot bekommen, die
Serie zu drehen, hab das dann gemacht, hab
mit der Schule aufgehört, bin von zu Hause ausgezogen,
so die ganzen Geschichten. Klar hat das mein Leben ver-
ändert. Völlig. Und ich denke, daß
ich die letzten drei Jahre, wo ich eben gearbeitet hab, was völlig anderes
gemacht
hab als die ganzen Leute, mit denen ich vorher halt
zusammen war, mich auch 'ne ganze Ecke schneller erwachsen
gemacht hat.
A: Sie waren ja auch plötzlich ganz auf sich allein gestellt mit
17 Jahren. Sie haben ja auch die Stadt verlassen.
K: Ganz auf mich allein gestellt war ich nicht. Also ich hatte immer meine
Eltern und ich hatte auch immer noch 'n paar
Freunde, die da übrig geblieben sind muß
man schon sagen, weil das hat sich natürlich schon verändert,
als ich
weggegangen bin und gedreht hab und so. Da waren plötzlich
welche, die waren ganz ganz interessiert, und andere,
die waren überhaupt nicht mehr interessiert.
Und da mußte man natürlich erst mal gucken, was ist jetzt hier
eigentlich
noch an Freundschaften da. Aber ich bin dann nach
Berlin gegangen und das ist auch - ich fühl mich da auch wohl.
Also ich hänge da jetzt nichts hinterher.
[...]
A: Jetzt haben Sie, ich weiß nicht wieviel, aber über 50 Folgen
doch schon gedreht. * (Katharina schüttelt den Kopf) Noch
nicht ganz, nee?
K: Nee, 39.
A: Bitte?
K: 39.
A: Ja, das ist ja auch schon reichlich. Ist das dann so, daß man
auf die Figur, die man da spielt, auf dieses Mädchen,
auch schon ganz gespannt ist wie die sich weiterentwickelt,
wenn man das als Schauspielerin so erlebt?
K: Das konnte ich ja 'n Stück weit auch mit beeinflussen. Es war ja
so, daß der Regisseur extra jemanden gecastet hat,
der in dem gleichen Alter ist und der auch schon wollte,
daß man da 'n bißchen mit dran arbeitet, an den Texten rum-
feilt, wenn man sagt "Das ist mir fremd" oder "Es kommt
mir komisch vor so zu reden. So redet man mit 17 nicht oder
so. Und dann im Prinzip mich 'n bißchen gefilmt
hat, wie ich erwachsen geworden bin, und ich hab das halt zu dieser
Tanja-Figur - Wir haben das so zusammen entwickelt,
würd ich mal sagen.
A: Das heißt, die Tanja ist Ihnen auch ähnlich? Oder würden
Sie gern Eigenschaften von der haben, die Ihnen fehlen?
K: (grinst) Nee!
A: Eher umgekehrt?
K: Nein. Nein. Nein. Nein. Ähnlich ist sie mir natürlich schon
irgendwie, weil wenn sie schreit, dann schreit sie so wie ich.
Und ich weiß nicht, so diese ganzen Sachen, aber
so von den Charaktereigenschaften würde sie mir manchmal,
glaub ich, auf die Nerven gehen, weil sie sehr sehr
launisch ist und ganz schnell irgendwelche Sachen machen
möchte und immer irgendwie alles jetzt sofort
und da - Das würde mich, glaub ich, 'n bißchen anstrengen, wenn
ich
sagen würde, sie wäre meine beste Freundin
oder sowas.
A: Sie kommen aus einer Schauspielerfamilie. Fast alle haben was mit dem
Schauspielberuf zu tun. War Ihre Familie
eher skeptisch Ihnen gegenüber oder haben die eher
gesagt, nee, du mußt auch genau in unsere Fußstapfen treten,
du kannst das?
K: Also besonders skeptisch waren sie nicht. Es war natürlich 'ne Überlegung.
Brichst du jetzt die Schule ab oder nicht?
Du wolltest immer zum Theater, wieso willst du jetzt
'ne Serie drehen? Und so darüber gab's schon Gespräche. Aber
es war nie so, daß sie gesagt haben, lern erst
mal was Vernünftiges. Das war natürlich der Vorteil, den ich hatte.
Des-
wegen haben meine Eltern mir auch mehr oder weniger
grünes Licht gegeben zu dem Ganzen.
A: Einen wilden Onkel haben Sie in der Familie. Er ist also Schauspieler,
war aber ein frühes RAF-Mitglied. Haben Sie
Sie auch manchmal so etwas anarchistisches Gedankengut?
Christof Wackernagel war das, noch mal zur Erinnerung.
K: Anarchistisches (verspricht sich etwas) Gedankengut - hab ich bestimmt,
also - (lacht)
A: Uuh...
K: Ich würd trotzdem nicht unbedingt zur RAF gehen oder sonstiges.
Nee.
A: So weit geht's dann doch nicht?
K: Nee.
A: Aber es gibt 'ne ganz besondere Liebe von Ihnen zum Stummfilm. * Wie
kommt das? So'n junges Mädchen, daß sich
für Stummfilme interessiert...
K: Ich hab nicht wirklich eine unglaubliche Liebe zum Stummfilm. Nur wenn
ich jetzt sage, ich mach 'nen eigenen Film,
dann liegt es mir näher 'nen Stummfilm zu machen,
weil ich total Probleme habe, Dialoge zu schreiben oder mir
irgendwie was in der Richtung einfallen zu lassen. Und
weil man ja bei 'ner Serie dann auch oft irgendwie bei den
Dialogen sagt, "Äh, das stimmt so nicht" oder so,
ist es dann - Irgendwie denkt man, ach ich mach mal was ganz ohne
Sprache. Einfach nur Spielen. Und das hab ich dann auch
gemacht. Deswegen der Stummfilm.
A: Aber das hat Ihre Mutter mit Ihnen zusammen gemacht.
K: Ja.
A: Und Sie haben das Drehbuch geschrieben. Wie lang ist der Film so in etwa?
K: Das ist 'n Kurzfilm. Der geht 5 Minuten. Der ist allerdings jetzt nicht
stumm - Also es ist mit einer Musik von Astor Pia-
zolla unterlegt.
A: Das geht so um Tango-Rhythmen?
K: Genau.
A: Und das soll aber nciht der einzige Film gewesen sein. Also nachdem was
ich gehört habe, was mir die Redaktion
erzählt hat, ist Ihr Bruder jetzt dabei ein Drehbuch
zu schreiben.
K: Mein Bruder, mein kleiner Bruder hat schon ein Drehbuch geschrieben.
Auch 'n Kurzfilm. Der ist 10 Minuten dann
schon. (lacht)
A: Sie trauen sich jetzt mehr zu, sie beide?
K: (lacht) Und der ist auch schon gedreht. Der ist ganz klasse, mit zwei
Kollegen, mit denen ich jetzt zusammen gearbei-
tet habe. Und da hab ich Regie gemacht. Das war so mein
-
A: Debüt?
K: Äh - Da hab ich das mal ausprobiert. Und mein kleiner Bruder schreibt
jetzt an dem großen Bruder von dem Kurzfilm,
also schreibt jetzt an seinem ersten Spielfilm, den
wir vielleicht auch dann machen wollen zusammen.
A: Sie haben 'ne ganz enge Familienbindung, nicht?
K: Auf jeden Fall.
A: So Eltern und Geschwister. Obwohl Sie so räumlich manchmal getrennt
sind, sehen Sie sich oft?
K: Ja, eigentlich mehr als früher, muß ich sagen. Also die Bindung
ist größer geworden, dadurch daß ich weg war und
auch so früh weg war, alle erst mal gesagt haben,
warum denn jetzt so schnell und so, ist eigentlich darüber so viel
entstanden. Jetzt verabredet man sich, wenn man sich
sehen will. Früher hat man immer alle zusammen in einem
Haus gewohnt, hat sich aber so die Klinke in die Hand
gegeben, hat dann immer gesagt, ja wir sind ja alle da, aber
wir waren nicht - haben relativ wenig zu tun gehabt
miteinander. Und jetzt verabrede ich mich mit meiner Mutter und
dann machen wir 'nen Frauentag und dann quatsch ich
mit meinem Vater 'ne Runde und dann mit meinen Brüdern treff
ich mich. Die besuchen mich und so. Das war früher
nicht so. Da hat jeder so sein Ding gemacht.
A: Ja, dann freuen wir uns auf den nächsten Montag, fünf vor sieben.
Muß man immer gucken, "Tanja". Katharina Wacker-
nagel. Vielen Dank.
K: (das kann ich auch beim 1000sten Hinhören nicht ausmachen) Gern
geschehen ODER Danke schön.
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