Around China Datong Xi'an Luoyang/ Shaolin Huangshan Mountain Shanghai Suzhou Beijing - letzter Tag

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Kohle, Pfützen, Kommunismus...

  

0. Tag: Abreise aus Beijing

  

Ein letzter Gang über den Tiananmen, den Platz des himmlischen Friedens, mit Wachablösung, ein letztes Mal in der Stamm-Kaschemme in Dongzhimen, und dann ging's mit Rucksäcken und U-Bahn zum Beijinger Hauptbahnhof. Dort haben wir erst mal im Ausländerwartesaal mit roten Ledersesseln Platz genommen. Um 23 Uhr sollte unser Zug uns nach Datong bringen, 8 Stunden westlich von Beijing, und wohin es dann weiter gehen sollte, stand noch in den Sternen...

Hoffentlich ist die Zugfahrt nicht so schlimm, hoffentlich finden wir ein Hotel in Datong, hoffentlich kommen wir dorthin, wohin wir wollen, hoffentlich...

Schon bald saßen wir in unserem Liegewagenabteil, diesmal vorsichtshalber noch die Luxusklasse "soft sleeper": vier Liegen in einem Raum, mit Tür abtrennbar. Babyblaue Bezüge, Spitzenvorhänge mit Schwarzwaldhäusern, ein Tischchen mit Decke und einer Vase Kunstrosen. Eine davon sollte unser Zeichen werden: "Reisegruppe zur tauffrischen roten Rose".

Ein Soft-Sleeper-Abteil

 

V.l.n.r.: Shanhua-Tempel, Yungang-Grotten, Landschaft und Dorf am Hengshan

  
1. Tag Datong: Ein anderes China (als Beijing)
  

8 Uhr morgens. Wir fahren in Datong ein. Trübes Wetter, kahle gelbe Böden, überall Bergwerke und Fabrikanlagen, triste Plattenbauten. Eine Beton-Bahnhofsvorplatz mit einer Statue in der Mitte, gesäumt von Kachelbauten. Wir werden direkt von einem CITS-Menschen (Internationales Reisebüro) empfangen, der uns dann das vorher ausgeguckte Hotel vermittelt. Die Preise konnten wir noch etwas herunterhandeln... Außerdem buchen wir eine Tour für den nächsten Tag.

Unser Hotel, das Feitian, ist ein 14stöckiges Hochhaus direkt am Bahnhofsvorplatz. Sehr praktisch. Wir bewohnen die 12. Etage, WC auf dem Flur, Duschen vier Etagen tiefer... Doch die 4-Bett-Zimmer sind sauber. Das einzige Problem sollte werden, dass wir jeden Morgen die Hotelangestellten aus den Duschen vertreiben müssen. 

Wir beschliessen jedoch zunächst, noch ein Nickerchen zu halten, und ziehen dann erst mittags in Richtung Stadtzentrum los - zu fünft im Taxi für nur 7 Yuan, bei 5 Yuan Grundgebühr (80 bzw. 60 Cent) und damit billiger als Busfahren. 

Die Strassen sind kaputt, Riesenrisse, zum Teil am Rand nur Matsche statt Fußwege. Gesäumt von heruntergekommenen Geschäften. Im Zentrum der Glockenturm, dann eine marode Geschäftsstraße vor ältere Slum-artige Bebauung gequetscht. Es gibt auch ein modernes Shopping-Center.

Wir steigen am Shanhua-Tempel aus. Es regnet. Überall Pfützen. Eine alte Frau, die kein Wort Englisch spricht, führt uns durch den Tempel. Wir mit Regenschirm hinterher. Alles ist nicht besonders spektakulär - ein chinesischer Tempel halt. Es gibt auch wieder ein Stück Drachenmauer - wie wir sie schon aus Beijing kennen. Datong war ja mal Hauptstadt der nördlichen Wei-Dynastie, aber das ist schon 1500 Jahre her. Dann muss die Stadt irgendwann in Bedeutungslosigkeit versunken sein. Heute regiert die Kohle. Überall trifft man sie an: auf LKWs, auf Maultierkarren, in Hinterhöfen, am Straßenrand... 

Nach dem Tempelbesuch gehen wir auf Nahrungssuche und landen in einem China-Fast-Food um die Ecke, wo uns ein Kellner freundlich sein Englisch präsentiert. Danach besuchen wir noch das Shopping Center und decken uns mit Hot Pots für den Abend ein. Hot Pots sind große Pappbecher, in denen wie beim Asia-Nudel-Snack eine Lage Nudeln liegt sowie mehrere Tütchen mit Gewürzen und Soßen sowie gegebenenfalls Trockengemüse. Das alles kippt man zusammen, gibt heißes Wasser drüber (was man in China überall bekommt) und 3 Minuten später: fertig ist ein köstliches Mahl!

V.l.n.r.: Hängendes Kloster, Wahrsager und Yungang-Grotten

2. Tag Datong: Yungang-Grotten & Hängendes Kloster
  

Um 9 Uhr startete die CITS-Tour zu den Yungang-Grotten und zum Hängenden Kloster in einem Minibus mit nur Deutschen (außer einem einsamen Japaner). Dort lernten wir auch drei Mannheimer kennen.

Eine Reiseleiterin erklärte uns in einem Sprechmaschinen-Englisch die Geschichte der Stadt Datong. So erfuhren wir, dass die Stadt, deren mickriges Zentrum wir am Vortag besucht hatten, 3 Millionen Einwohner hat. Nachdem die Reiseleiterin am Anfang eher wie eine Arbeitsmaschine erschien, stellte sich bald aber heraus, dass sie eigentlich ganz nett und bemüht war.

Als erstes fuhren wir in den Norden zu den Yungang-Grotten, einer Anlage von aus dem Felsen geschlagenen Höhlen mit 51.000 Buddhastatuen, zum Teil bemalt, in allen Größen. Teilweise waren die Höhlen durch einen tempelartigen Vorbau aus Holz geschützt. Es war wirklich sehr faszinierend, vor allem da auch die Lebensgeschichte Buddhas dargestellt war.

Dann ging's weiter quer durch die ganze Stadt, vorbei an Kachelbauten, Bruchbuden, Arbeitersiedlungen, die durch frisch gestrichene Mauern vor fremden Blicken geschützt wurden, Industrieanlagen... Es sollte zum Hängenden Kloster am Hengshan, einem Heiligen Berg der Daoisten, gehen - 70 km südlich von Datong. Die Fahrt führte uns weiter durch steppenartige Landschaften mit gelb-orangen Böden, völlig evrlassen bis auf ein paar leere Lehmhütten und gelegentlich ein grasendes Pferd. Dann ging's durch einen Gebirgszug entlang eines Flußlaufs. Durch Serpentinen im Affenzahn, wagemutige Überholmanöver in scharfen Kurven - nach kurzem Hupen. Hier fuhr ein China-LKW nach dem anderen, die meisten transportierten ... Kohle, andere Obst und Gemüse. 

Wir kamen an alten Wachtürmen vorbei und an einer kleinen Lehmsiedlung mit Grundschule, die aus einem Gebäude mit Chinafahne und einem ummauerten Hof bestand, in dem ein pferd graste. Die Kinder riefen uns "Hello" zu! Doch bald ging's nicht mehr weiter, ein Stau. Vor uns war ein LKW mit Kürbissen umgekippt, die wie Menschenköpfe geplatzt waren. ZumGlück waren's nur Kürbisse!

Nach längerem Warten konnten wir aber weiterfahren, an terrassenartig gestalteten Feldern vorbei und erreichten bald ein menschenleeres, aber nicht verlassenes Kaff am Fuß des Hengshan, das angeblich 300.000 Einwohner hatte. 

Dort speisten wir in einem kleinen, leeren Restaurant. Dann kamen wir endlich zum Hängenden Kloster, das in einem Canyon des Hengshan liegt. Das Kloster wurde aufgrund der häufigen Erdrütsche und Überschwemmungen an den Felsen angebaut, früher in 40m Höhe. Heute sind es nur noch 15 Meter. Es gibt 40 Räume, von denen einige nur auf einer einzigen Holzstange ruhen. Überhaupt macht die gesamte Holzkonstruktion einen sehr zerbrechlichen Eindruck. Wenn man über die schmalen Korridore mit ihren niedrigen Ballustraden geht, meint man, jeden Moment würde das Gebäude unter dem eigenen Körpergewicht zusammenstürzen. Besonders schön sind auch noch die Holzschnitzereien in den kleinen Räumen des Klosters, die daoistische, buddhistische und konfuzianistische Figuren darstellen.  

Abends waren die Mädels zu müde, so dass Johann und ich noch alleine losgezogen sind. Wir wollten eigentlich zu einem Laternenfest in einem Park, was uns die Reiseleiterin empfohlen hatte. Doch der Park war dunkel und abgeschlossen. Deshalb sind wir auf den Hauptplatz Datongs gegangen und wollten dort unser mitgebrachtes Bier trinken. Doch dort spielten die Chinesen (um 22 Uhr abends) mit Wasserbällen und hüpften über geschwungene Seile. Wir wollten nicht negativ auffallen, weshalb wir beschlossen, in eine nahe Blues-Bar zu gehen. Die wurde jedoch von einem Frackträger bewacht, und zunächst trauten wir uns nicht hinein. Aber als eine dicke Chinesin mit Ringelpulli herauskamen, sind wir einfach eingetreten. An der Bar haben wir uns unter den Blicken aller anwesenden Gäste ein Bier getrunken und noch den letzten Klängen der Live-Band gelauscht. Anschließend haben wir dann doch noch unser mitgebrachtes Bier auf eine wackeligen Plastikbank auf dem Datong-Platz getrunken. Doch das Bier war ekelig, und es wurde bitterkalt.

V.o.n.u.:

Datong - 

Plattenbauten und Industrie,

 Yungang-Grotten und

 Hängendes Kloster

 

Die Reisegruppe zur tauffrischen roten Rose

V.l.n.r.: Huayan-Kloster, Schweinefleischverkäufer am Straßenrand, 

Plattenbauten, Johann und Gerrit

  
3. Tag Datong: Vorfreude auf die Weiterfahrt
  

Ein letzter Tag in der Stadt der Pfützen und Kohlehügel. Und es regnet wieder... Aber wir sind ja froh, endlich wegzukommen. Nach langen Bemühungen über Tage haben wir endlich Bahnfahrkarten für Xi'an bekommen. Am Bahnhof waren wir erst von einem Schalter zum nächsten geschickt worden, letzterer hatte aber gerade geschlossen. Als wir dann wiederkamen, war er immer noch nicht besetzt. Wir haben solange gegen die Scheibe geklopft, bis endlich jemand kam, um dann die ganze Zeit den Kopf zu schütteln. Wir sind fast durchgedreht, weil wir nicht verstanden haben, warum es denn keine Tickets gibt. So mussten wir letztendlich unsere Fahrkarten über das CITS besorgen, was problemlos ging, aber entsprechend teurer war.

Den letzten Tag bis zur Abfahrt am späten Nachmittag haben wir noch dafür genutzt, das Huayan-Kloster im Stadtzentrum zu besichtigen, dass aber abgesehen von einer schönen Drachenfigur auch nicht anders aussah als andere chinesische Tempel. Anschließend sind wir auf Nahrungssuche an am Straßenrand aufgehängten Schweinen vorbeigekommen, deren Gedärme in Plastikschalen auf dem Fußweg lagen. Auch sonst war es relativ schwierig, ein geeignetes Restaurant zu finden. Schließlich sind wir in einer ziemlichen Spelunke gelandet, wo uns alle Chinesen angeglotzt haben und die Bedienung so wenig gerafft hat. Da sie kapiert hatte, dass wir kein Chinesisch verstehen, hat sie uns die Zeichen halt aufgemalt... Nur konnten wir auch kein Chinesisch lesen!

Die Rückfahrt im Taxi war noch echt verrückt. Wie immer seit unserer Ankunft in Datong haben wir gefragt, ob wir zu fünft mitfahren können. Doch als wir dann alle drinnensaßen, hat uns der dicke Taxifahrer mit Streifenpulli und riesiger Fliegenbrille nur noch angeschrien. Wir haben natürlich nichts verstanden, bis irgendwann über Zeichensprache rauskam, dass er Angst hatte, von der Polizei erwischt zu werden. Wir wollten aussteigen, aber er ließ uns nicht. Dann ist er einen riesigen Umweg gefahren über unfertige Straßen, durch enorme Schlaglöcher, so dass wir spgar aufgesetzt sind, und am Ende sind uns drei polizeiwagen entgegen gekommen, mehr als ich je zuvor in China gesehen hatte.

Wir waren dann heil froh, wieder am Hotel und am Bahnhof angekommen zu sein. Und ab ging's Richtung Xi'an. Die erste Nacht im Hard Sleeper...

   

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